Ein Milliardengeschäft sorgt für viel Ärger
Inmitten der Ukrainekrise und trotz der Androhung verschärfter Sanktionen gegen Moskau hält Paris an einem Milliarden-Rüstungsgeschäft mit Russland fest. 400 russische Soldaten sind in Frankreich eingetroffen.
Zwei Kriegsschiffe vom Typ Mistral will die sozialistische Regierung in Paris an die Russen verkaufen. Vor allem die USA machen Druck, diesen Deal auf Eis zu legen. Doch am Montag trafen bereits rund 400 russische Marinesoldaten zur Schulung an den Hubschrauberträgern in Frankreich ein. Kurz nach 7 Uhr morgens fuhren die russischen Soldaten auf ihrem Marineschiff Smolny, das von französischen Schleppern gezogen wurde, durch die Schleuse zu einem Hafenbecken im westfranzösischen Saint-Nazaire. Dort wurden und werden von der Werft STX die beiden Hubschrauberträger Wladiwostok und Sewastopol gebaut, der erste soll bereits im Oktober an Russland geliefert werden.
Die Gesamtsumme des Vertrags liegt bei 1,2 Milliarden Euro. 500 Arbeitsplätze hängen daran. Aber für Frankreich geht es um mehr: Auf dem Spiel stehen der Ruf und die Verlässlichkeit der französischen Rüstungsindustrie, die derzeit über eine Reihe lukrativer Verträge verhandelt. «Wenn Frankreich sein Wort nicht einlöst, werden sich die abwenden, die französische Rüstungsgüter kaufen wollen», sagt Yves Boyer von der Stiftung für strategische Forschung. Eine Annullierung des Geschäfts mit Russland könnte seiner Ansicht nach Folgen haben insbesondere für den geplanten Verkauf von 126 Rafale-Kampfflugzeugen an Indien, das im Rüstungsbereich enge Verbindungen zu Moskau pflegt.
Wenig Freude am Deal
Frankreichs Präsident François Hollande machte denn auch auf dem Höhepunkt der Ukrainekrise im Mai deutlich, dass der im Jahr 2011 abgeschlossene Vertrag mit den Russen «derzeit nicht infrage gestellt» werde. Doch Washington warnt die französische Regierung unablässig vor dem Geschäft: US-Präsident Barack Obama brachte erst Anfang Juni seine «Besorgnis» über die Aufrechterhaltung solcher Rüstungsverträge zu einem Zeitpunkt zum Ausdruck, zu dem Russland «das internationale Recht gebrochen» und sich die Halbinsel Krim einverleibt habe. Auch Nato-Partner insbesondere in Osteuropa sind wenig erfreut über den Deal.
Auf französischer Seite ziehen sich die Verantwortlichen gerne hinter den Hinweis zurück, es gehe um ein Privatgeschäft, denn der Vertrag sei zwischen Industrieunternehmen abgeschlossen worden. Ausserdem brauche man keine Lektionen von aussen. «Die Frage stellt sich dann, wenn das erste der beiden Schiffe exportiert werden soll, also im Oktober/November», heisst es gebetsmühlenartig im Verteidigungsministerium in Paris. Die bisherigen europäischen Sanktionen würden solche Geschäfte nicht umfassen.
16 Hubschrauber, 13 Panzer
Die USA sind nicht erst seit der Ukrainekrise gegen das französische Rüstungsgeschäft. Schon zur Vertragsunterzeichnung im Juni 2011 hatte Washington seine Besorgnis über eine Lieferung solcher Schiffe durch ein Nato-Land zum Ausdruck gebracht. Die Mistral sind die grössten französischen Kriegsschiffe nach dem Flugzeugträger Charles de Gaulle; sie können 16 Hubschrauber, 13 Panzer, etwa hundert Fahrzeuge und 450 Soldaten zu einem Einsatzort bringen. Mehrere Nachbarländer Russlands, darunter insbesondere die Baltischen Staaten, haben den Verkauf immer wieder scharf kritisiert. Sie fürchteten, dass Russland die Schiffe für Landeoperationen einsetzen könnte.
Dass Russland immenses Interesse an der Lieferung der französischen Kriegsschiffe hat, machte erst kürzlich Präsident Wladimir Putin persönlich deutlich. Vor seinem Frankreich-Besuch Anfang Juni warnte er im Sender Europe 1: «Wenn Frankreich entscheidet, den Vertrag zu annullieren, kann es das tun. Wir werden dann Entschädigung verlangen.» Eine Annullierung würde sich zudem nicht gerade positiv auf die Rüstungskooperation auswirken. Denn Russland, kündigte der listige Putin den mit ihrem schwachen Wirtschaftswachstum kämpfenden Franzosen an, sei sogar bereit, «neue Bestellungen zu unterschreiben».
AFP/jym
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