Ein Buch schreiben? Das kann jeder!
Bücherschreiben liegt im Trend. Das Kulturprojekt Edition Unik, das bald in Bern startet, unterstützt Schreibbegeisterte beim Prozess von der ersten Zeile bis zum Druck.

Noch kein Vorsatz fürs neue Jahr? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Edition Unik nehmen sich vor, ein Buch zu schreiben, und zeigen so vielleicht ihr verstecktes Talent. Doch literarisches Können ist bei diesem Projekt keine Voraussetzung. Das Kulturprojekt richtet sich an alle, die gerne etwas zu Papier bringen wollen. Es wurde 2015 in Zürich ins Leben gerufen und geht am 6. Januar 2020 in die erste Runde in Bern.
Die Bernerin Katharina Gerber hat bereits zweimal in Zürich am Projekt teilgenommen und plaudert bei einem Treffen im Generationenhaus in der Stadt Bern aus dem Nähkästchen. Bei Edition Unik kämen hauptsächlich Leute mit viel Lebenserfahrung und/oder einschneidenden Erlebnissen zusammen, stellt die 77-Jährige aus Thun fest. Auch sie schaut in ihrem ersten Buch auf ihr Leben zurück. «Wundertüte» heisst die Autobiografie.
«Ich habe es für mein letztes grosses Fest geschrieben», erzählt sie mit einem verschmitzten Lächeln. Es handelt sich um ein Fest, bei dem sie selbst gar nicht mehr dabei sein wird: ihre Beerdigung. Und sie nennt es Fest, weil sie nicht möchte, dass ihre Angehörigen trauern. Stattdessen sollen sie feiern und bei der Gedenkfeier Geschichten aus der Wundertüte ziehen können.
Die Tote redet mit
Ja, Katharina Gerber hat vorgesorgt, nimmt der künftigen Trauerfamilie Arbeit ab – und verschafft sich so nicht zuletzt auch ein Mitspracherecht für die Zeit, in der sie nicht mehr da sein wird. Sie staunt, was alles in ihrem Leben Platz hatte. Durch den Schreibprozess habe sie aber auch Ballast abwerfen können, erzählt sie: «Das Buch war eine Gelegenheit, meine Tagebücher auszumisten und loszulassen.»
«Das Interesse, über das eigene Leben ein Buch zu schreiben, entwickelt sich meist erst mit fortschreitendem Alter.»
Eine andere Teilnehmerin in Zürich hatte laut Gerber einen aufwühlenden Schreibprozess durchlebt: Sie habe in ihrem Buch eine schlimme Kindheit und eine schlimme Ehe verarbeitet. «Schreiben ist auch therapeutisch», sagt Gerber. «Für mich ist es aber in erster Linie Lust.» Ihr Schreibstil ist persönlich und eigenwillig. Gewisse Formulierungen aus dem Dialekt lässt sie drin, entgegen dem Rat, sie zu streichen.
Aber gerade wenn Leidenschaft dabei ist, sind festgelegte Rahmenbedingungen manchmal hilfreich. Ohne Einreichefrist wäre Katharina Gerber aufgeschmissen gewesen. Dies kommt wohl insbesondere Studierenden vertraut vor. Doch Leute im typischen Studierendenalter nehmen kaum am Projekt teil.
Von 36 bis 93
«Das Interesse, über das eigene Leben ein Buch zu schreiben, entwickelt sich meist erst mit fortschreitendem Alter», wird Frerk Froböse, Leiter von Edition Unik, einige Stunden später an einem Infoanlass über das Projekt sagen. Ausserdem brauche es ein gewisses Mass an Zeit und Musse, über die man meist erst verfüge, wenn die Arbeit nicht mehr jeden Tag rufe.
So liege der Altersdurchschnitt bei über 60 Jahren. Die älteste Teilnehmerin war stolze 93, die jüngste 36 Jahre alt. Diese befand sich in Katharina Gerbers Gruppe. Die hautnahe Konfrontation mit der Vergänglichkeit hat die 36-Jährige zur Teilnahme gebracht: Sie habe den Krebs besiegt und einen Weg zur Verarbeitung gesucht, erzählt Gerber bei dem Treffen.
«Solche schlimme Ereignisse lasten nicht auf mir», sagt Katharina Gerber. Deswegen nennt sie ihr Leben auch eine Wundertüte. Dazu gehören drei Liebesbeziehungen seit ihrer Pensionierung. Ihnen widmete sie ihr zweites Buch. Sie hat es am 4. Dezember der Edition Unik zum Druck freigegeben. Das dritte Buch wird sie nun erstmals fast vor der eigenen Haustür in Bern umsetzen können. Und sie hat auch schon eine Idee: Es soll ein Gedichtbuch werden.
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