«Ein Angriff auf die deutsche Sprache»
Weil sich in der deutschen Sprache immer mehr englische Wörter etablieren, haben sich zahlreiche BZ-Leserinnen und -Leser dazu geäussert. Eine Auswahl.
In der deutschen Sprache halten immer mehr englische Wörter Einzug. Toni Brunner aus Münchringen ärgerte sich in einem Mail ans «Forum» über diese Entwicklung. Wir wollten von unseren Leserinnen und Lesern wissen, wie sie darüber denken. Das Echo war gross. Und die Mehrheit steht mit dem Anglizismus ebenfalls auf Kriegsfuss.
«Englische Fremdwörter gehören verboten»
«Diese Entwicklung geht mir auf die Nerven, englische Fremdwörter gehören verboten», schreibt Rita Rotzeter (69) aus Courgevaux. Auch Kurt Wüthrich aus Grindelwald gibt der Anglizismus zu denken. Für englische Ausdrücke in der Elektronik hat er noch Verständnis, aber was er da so alles tagtäglich in der Zeitung lesen müsse... Da werde nur so mit englischen Wörtern um sich geworfen. «Das ist schade für unsere Sprache und die vielen unterschiedlichen Dialekte.»
Für Martin Humm aus Grund bei Gstaad sind die vielen englischen Ausdrücke ein Angriff auf die deutsche Sprache. «Die USA haben die Weltwährung, die militärische Weltmacht, die totale Internetkontrolle – und wollen uns jetzt auch noch ihre Sprache aufzwingen.» Für Humm ist klar: «Das ist linguistische Kriegsführung.» Humm nervt sich, wenn er in den Medien Wörter wie Burn-out (statt Nervenzusammenbruch), Hotspot (Mittelpunkt), Kids-Corner (Kinderecke) oder Careteam (Betreuungsteam) liest oder hört.
Raymond Piéta aus Burgdorf bläst ins gleiche Horn: «In der Schweiz gibt es Leute – weil es so ‹cool› und in Mode ist –, die übernehmen alles, was über den Atlantik oder den Ärmelkanal schwimmt, besonders Wörter.» Den Anglizismus zu bekämpfen, sei ein Ding der Unmöglichkeit, da man täglich mit diesen englischen Ausdrücken in der Zeitung oder in Werbe- und Stelleninseraten überflutet werde.
Was Piéta bedauert: «Leider haben wir in der Schweiz keine Institution, die alles überwacht. Anders in Frankreich. Dort überprüft die Académie Française jedes neue Fremdwort und gibt dieses nur dann für den ‹Dictionnaire de la langue française› frei, wenn sie keinen passenden Ausdruck auf Französisch findet.»
Eine solche Einrichtung würde auch Martin Meyer aus Liebefeld begrüssen. Er moniert zudem, dass es für einige englische Bezeichnungen deutsche Wörter gibt, die aber von den Medien kaum gebraucht werden.
Zum Beispiel Hingucker (für Eyecatcher) oder Leibwächter (für Bodyguard). «Noch schlimmer finde ich aber diese ‹pseudoenglischen› Wörter, wie etwa ‹Public Viewing›, das zuletzt wieder in aller Munde war.»
René Corpataux (65) aus Thun lobt ebenfalls die französische Sprache, in welcher kaum Wörter verändert werden. «Der Franzose oder Romand ist stolz auf seine Sprache», sagt er – und schlägt vor: «Wenn die Zeitungen schon englische Wörter verwenden, könnten sie in Klammern immer den deutschen Ausdruck dazuschreiben, so könnte ich ein wenig Englisch lernen.»
«Ein Ausdruck von Nachlässigkeit»
«Komplex» findet Moritz Klingler aus Uetendorf (66) das Thema Anglizismus. «Einerseits verdient es die Muttersprache, dass man sich um ihre Entwicklung bewusst kümmert. Andererseits bereichern manche ausgelehnten Wörter die Sprache.» Oft seien die englischen Wörter aber ein Ausdruck von Nachlässigkeit und Bequemlichkeit.
«Sogar als Engländer mag ich den vermehrten Gebrauch von Anglizismen in der deutschen Sprache nicht», schreibt Colin J. Farmer (80) aus Niederscherli. «Es kommt oft vor, dass sich die Schweizer über Überfremdung beklagen. Aber sie selber tragen teilweise dazu bei, indem sie viele Fremdwörter verwenden. Als konkretes Beispiel nennt er Pressekonferenzen. Am Schluss heisse es immer: Und nun, last but not least... «Warum sagen sie das nicht auf Deutsch?»
«Schon lustig, die heutigen Bezeichnungen»
Ein sarkastisches Mail erhält das «Forum» von Franz und Brigitte Bigler aus Köniz. Zum Artikel in dieser Zeitung über das neue Festivalgelände auf dem Gurten schreiben sie: «Die Begriffe Hauptbühne, Waldbühne, Kletterturm und Sani-Zelt sind falsch. Richtig – und somit passend zu den übrigen sonst nur englischen Bezeichnungen rund um das Festival – wäre: Main Stage, Forest-Stage, Climbing-Tower und Sani-Tent.»
Auch Ulrich Krummenacher aus Zwieselberg macht sich lustig. Über einen Kindergarten in Thun, der sich «Children's Community» nennt. «Ausgerechnet für Kindergarten, eines der wenigen Wörter, das im Englischen genau gleich heisst wie im Deutschen, musste noch ein neuer Ausdruck erfunden werden.»
Online gingen ebenfalls Rückmeldungen ein, etwa von Peter Schöni: «Man glaubt es kaum, aber für viele geläufige englische Begriffe gibt es tatsächlich deutsche Entsprechungen. Sprache wandelt sich, und Einflüsse von aussen sind normal.
Dennoch: Wenn ein gleichwertiger deutscher Ausdruck besteht, weshalb sollten wir diesen nicht einsetzen?» Als Beispiele nennt er Job (Arbeit), Tool (Werkzeug), Bike (Fahrrad), App (Anwendung), Screen (Bildschirm), Staff (Mitarbeiter, Personal), Airline (Fluggesellschaft), Statement (Aussage) oder Sound (Klang).
«Die Sprache hat sich schon immer gewandelt»
Es gibt aber auch Befürworter des Anglizismus oder zumindest Leserinnen und Leser, die sich daran nicht stören. «Die deutsche Sprache ist schon seit Jahrzehnten mit englischen Wörtern durchsetzt. Dass Sprachen sich im Laufe der Zeit verändern, ist unabdingbar», schreibt etwa Erna Stoller (68) aus Burgdorf.
Und weiter: Wenn sich in jeder Sprache englische Wörter etablieren, sei dies ein Beitrag zur Völkerverständigung. Franziska Bürki schreibt via Facebook: «Deutsch ist eine germanische Sprache. Seit Jahrhunderten werden Fremdwörter verwendet, die wir aber nicht mehr als solche erkennen. Viele Erneuerungen punkto Wissenschaft, Technik und Medien werden direkt ins Deutsche übernommen.»
Ähnlich sagt es Reinhard Grunder, ebenfalls via Facebook: «Die Sprache hat sich schon immer gewandelt, sonst würden wir ja alle noch Altdeutsch schreiben, ein Begriff, den es ohne Wandel der Sprache nicht geben würde.»
Für Peter Widmer ist dieser Trend der Beweis dafür, dass immer mehr Schweizer Englisch lernen. Und Nicolas Grüring findet all die englischen Wörter «völlig O. K.». Zu Deutsch: völlig in Ordnung.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch