E-Scooter boomen – und crashen
Mit dem E-Trottinett durch die City: Was sich toll anfühlt, ist gefährlich. Das zeigen Beispiele aus den USA. In Zürich sind die Elektroflitzer ebenfalls gestartet.

Unterhaltsam, günstig und umweltfreundlich: Immer mehr Menschen in immer mehr Städten weltweit nutzen Leihangebote von E-Tretrollern. Seit April besteht die Dienstleistung auch in Zürich. Die Fahrzeuge können bis zu 25 Kilometer pro Stunde erreichen – was nicht immer ungefährlich ist. Wie die US-Newssite «Buzzfeed» berichtet, häufen sich in den USA Berichte von Unfällen mit E-Scootern. Einer dieser Unfälle sei tödlich gewesen: In Cleveland starb eine Frau nach einer Kollision mit einem Auto. Die Zunahme an Fällen sei derart stark, dass in den Notaufnahmen Unfälle mit E-Trottinetten Alltag geworden seien. Nun arbeiten die Behörden an spezifischen E-Scooter-Regulierungen.
«Erst war es ein-, zweimal pro Woche, jetzt sehen wir täglich verletzte E-Scooter-Nutzer», sagt Wally Ghurabi von der Notaufnahme des UCLA Medical Centers in Santa Monica, Kalifornien. «Auch kommen täglich verletzte Fussgänger, die entweder von E-Scootern angefahren wurden oder über auf dem Trottoir abgestellte E-Scooter gestolpert sind.» Doch Santa Monica ist nicht allein: So meldet die Notaufnahme im Nachbarort Venice «sehr viele» Verletzungen wegen E-Scooter-Unfällen. Dasselbe bei den Notfallzentren der Golden Gate Urgent Care in San Francisco. «Bei den meisten Unfällen konnte der Fahrer nicht mehr rechtzeitig bremsen, um eine Kollision zu verhindern», meldet der Betriebsleiter Brandon Hastings. In den USA sind Scooter der Firmen Limebike und Bird bereits seit rund einem halben Jahr im Umlauf.
Einer der Betroffenen ist Earl Wilkinson. Unterwegs mit einem geliehenen E-Scooter sah er, wie viele Trottinettfahrer auf dem Trottoir fuhren, und entschied sich, dies ebenfalls zu tun. Beim Versuch, über die Bordkante zu fahren, stürzte er und landete auf dem Kopf. Er brach sich dabei einen Arm und schlug sich seine zwei Frontzähne aus. «Erst dachte ich, das wären kleine Kiesel in meinem Mund. Aber es waren Teile meiner Zähne», erzählt er «Buzzfeed».
Die Bremsen fehlten
Catherine Lerer betreut zurzeit zehn Klienten mit Verletzungen wegen Scooter-Unfällen, wie Beinbrüchen, herausgeschlagenen Zähnen, gerissenen Sehnen. Die Anwältin vermutet hinter einigen Unfällen einen fehlfunktionierenden Roller, wie beispielsweise ein blockiertes Rad oder eine eingestürzte Lenkstange. Einer ihrer Klienten, ein Mechaniker, der Bird-Scooter repariert, stürzte während einer Testfahrt mit einem Tretroller. Es stellte sich heraus, dass dem Roller die Bremsen fehlten. Das Resultat: eine Naht am Kopf und ein gebrochenes Schlüsselbein.
Gemäss Lerer ist ausserdem Vandalismus ein grosses Problem; Scooter würden absichtlich zerstört oder beschädigt: «Bird und Lime kontrollieren die Roller zwischen Einsätzen nicht.» Limebike entgegnet, dass man täglich Inspektionen und Unterhalt ausführe, Bird meldet tägliche Reparaturen. Das kam auch in Zürich vor: Leihvelos von O-Bike und von Limebike sind beschädigt worden.
Auf eine offizielle Unfallstatistik zurückgreifen kann man in den USA noch nicht. Für eine Erfassung fehlt eine standardisierte Klassifizierung für Verletzungen durch E-Scooter. Zudem werde die Polizei nur bei den wenigsten Vorfällen alarmiert.
Lerer sieht auch Verantwortung bei den Städten: «An den Händen jeder Stadt, die E-Roller erlaubt und bestehende Gesetze wie Helmpflicht oder Trottoirfahrverbot nicht durchsetzt, klebt Blut.» Die US-Behörden forcieren nun das Erstellen einer Statistik, um eine Regulierung einführen zu können. Immer mehr Städte haben ein Trottinett-Verbot verhängt, bis man eine Übersicht über die Situation habe.
Keine Zunahme in Zürich
Und wie sieht die Situation in Zürich aus? Es scheint hierzulande ruhiger zuzugehen; weder die Verkehrsabteilung noch das Stadtspital haben eine Unfallzunahme bemerkt, noch wird eine Statistik über Unfälle mit E-Trottinette geführt. «Wir führen keine solche Statistik. Eine Auffälligkeit stellten wir bisher jedoch aufgrund der einzelnen Unfallereignisse nicht fest», sagt der Mediensprecher der Dienstabteilung Verkehr, Heiko Ciceri, auf Anfrage. Gleiches hört man aus dem Triemlispital: «Wir haben bei uns im Notfallzentrum in den letzten zwei Monaten keine Zunahme von Unfällen mit Trottinetten beobachtet», meldet Andreas Platz, der Leiter des Departements Notfall.
Viele Nutzer befahren mit den Scootern die Trottoirs, obwohl das eigentlich verboten ist. Denn für das Trottinett gelten in der Schweiz dieselben Verkehrsregeln wie für Velos. Darauf weist auch das Unternehmen explizit auf seiner Website hin: «Die Lime-S-Tretroller gelten als Fahrräder und sind so im Verkehr zu handhaben.» Dies kann mit 40 Franken gebüsst werden. Eine Helmpflicht besteht laut der Stadtpolizei allerdings nicht. Wie Watson.ch berichtete, hat die Polizei ebenfalls keine Zunahme von Unfällen bemerkt.
Das Angebot an Leih-E-Scootern besteht seit April 2018 in Zürich. Die US-Firma Limebike suchte sich die Schweizer Stadt bereits Ende 2017 als erste Station ihrer Europa-Expansion aus und lancierte mit sechs Mitarbeitern den Verleih von Leihvelos. Im April wurde die E-Bike-Flotte in einer Versuchsphase mit 100 E-Trottinetten ergänzt. Diese sei so gut angelaufen, dass das Start-up aus dem Silicon Valley die Stückzahl auf 250 erhöhen will. Das Leihsystem ist einfach, und vom Angebot profitieren kann jeder, der ein Smartphone hat. Wie bisher die E-Bikes können die Roller via App geöffnet werden. Das kostet einen Franken, danach fallen 20 Rappen pro Minute an.
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