Corona-Medienkonferenz des BundesratsRestaurants bis Ende Februar zu – harter Lockdown in Planung
Alain Berset informierte über geplante Verschärfungen, um die «aktuell gefährliche Situation» in der Schweiz in den Griff zu kriegen. Wir berichteten live.
Das Wichtigste in Kürze:
Die Zahl der Corona-Neuansteckungen ist seit Wochen konstant hoch.
Die ansteckendere britische Virusmutation verbreitet sich auch in der Schweiz.
Das BAG warnte am Dienstag vor einer neuen Welle über der aktuellen Welle.
Die Situation ist gemäss Alain Berset «aktuell gefährlich».
Der Bundesrat will deshalb den Gastro-Lockdown bis Ende Februar verlängern. Ausnahmen davon sind ab Samstag nicht mehr möglich.
Zudem plant er einen harten Lockdown wie im Frühling 2020, mit Schliessung der Läden, Homeoffice-Pflicht und Einschränkungen von Versammlungen.
Die geplanten Massnahmen treten noch nicht in Kraft, sondern werden nun mit den Kantonen besprochen.
Bundesrat Alain Berset beendet damit die Medienkonferenz. Vielen Dank für Ihr Interesse.
«Nein», sagt Berset. «Auch wenn wir in der Ausserordentlichen Lage wären, würden wir Vernehmlassungen durchführen. Es würde sich somit nicht viel ändern.»
«Der Bundesrat versucht, die Probleme für unser Land zu bekämpfen», erklärt Berset. «Es ist aber auch wichtig, dass wir ein bisschen atmen können. Dass wir nach draussen gehen können.»
Es sei schwierig ein Gleichgewicht zu finden, führt der Gesundheitsminister weiter fort. «Wir könnten strengere Massnahmen einführen. Wir könnten ohne grosses Tamtam alles schliessen und damit trotzdem nichts erreichen.»

«Ich glaube, dass es von Vorteil wäre, wenn wir mehr testen würden. Doch das Resultat für asymptomatische Personen ist nicht sehr vielversprechend», sagt Berset. «Der Bundesrat wäre schon froh, wenn sich alle Personen mit Symptomen testen lassen würden.»
Virgine Masserey ergänzt, dass Tests alleine die Infektionszahlen nicht senken würden. «Denn ein Testresultat ist immer nur eine Momentaufnahme», sagt Masserey. «Es sind die anderen Massnahmen, die ebenfalls wichtig sind. Auch wenn wir mehr testen, werden die anderen Massnahmen nötig sein.»
«Das beschäftigt uns sehr», gibt Berset zu. «Aber es ist klar, dass wir in einer solchen Situation nie null Todesfälle haben werden.»
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«Es gibt noch drei Kantone», sagt Berset. «Aber die Ausnahmeregel fällt ohnehin am 9. Januar. Dann gelten in der ganzen Schweiz die gleichen Massnahmen.»
«Nein. Wir werden genug Impfstoffe haben, um die ganze Bevölkerung zu impfen», sagt Berset. «Das Ziel war, schnell an die Impfungen zu kommen. Es ist nicht sinnvoll, zu viel Impfstoff kaufen.» Dabei habe Geld nie eine Rolle gespielt. «Es ist wirtschaftlich viel sinnvoller, Geld für Impfungen auszugeben als für Massnahmen und Einschränkungen gegen die Pandemie.»
«Wir haben uns damit beschäftigt. Aber Schulschliessungen liegen in der Hoheit der Kantone», wiederholt Berset. «Die Jugend zahlt auch einen hohen Preis in dieser Krise.»
Gemäss dem Gesundheitsminister gibt es auch andere Massnahmen, die eingeführt werden können, bevor die Schulen wieder geschlossen werden. «Wir sind in diesem Bereich mit den Kantonen in Kontakt.»
«Wir hatten die Homeoffice-Pflicht schon seit Monaten auf dem Tisch», sagt Berset. «Die Konsequenzen werden jetzt in der Vernehmlassung geklärt.»
«Für Gastrobetriebe gilt schon in der ganzen Schweiz dasselbe», erläutert Berset. «Skifahren ist grundsätzlich eine Aktivität an der frischen Luft. Wenn wir das einschränken, können wir auch das Joggen im Wald einschränken.»
«Für die Zulassung von Impfstoffen ist Swissmedic verantwortlich. Ich wäre nicht überrascht, wenn das recht schnell gehen würde», so Berset.
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«Wir können beispielsweise die Versammlungsfreiheit in der Öffentlichkeit auf 5 Personen beschränken», antwortet Virginie Masserey.
«Das Ziel sei es, die Fallzahlen zu senken», stellt Berset klar. «Im November entwickelte sich die Situation in eine gute Richtung — nun plötzlich nicht mehr.» Die aktuellen Fallzahlen seien viel zu hoch. «Die Zahlen müssen runter. Erinnern wir uns an die Richtwerte, die wir früher hatten. Beispielsweise eine Inzidenz von 60. Aktuell sind wir in der Schweiz immer noch bei 530.»
Der Bundesrat ist laut Berset auch bersorgt darüber, dass sich die neue Corona-Mutation in der Schweiz stark verbreiten könnte. «Die aktuelle Situation ist gefährlich.»
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«Für uns ist die Strategie klar», sagt Berset. «Nach der ersten Dosis warten wir drei bis vier Wochen mit der zweiten Dosis, um die optimale Wirkung zu erzielen.»
Das BAG stütze sich bei der Impfstrategie auf die Studien, die ein Intervall von drei Wochen empfehlen, ergänzt Virgine Masserey. «Der Impfstoffmangel wird dann beendet, wenn wir einen weiteren Impfstoff zulassen. Wir sollten nicht die Effizienz der Impfungen aufs Spiel setzen, weil wir momentan zu wenige Impfdosen haben.»
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Über die Festtage haben sich weniger Menschen auf das Coronavirus testen lassen. Gemäss dem Bundesrat täuschen die aktuellen Fallzahlen deshalb. Die Lage sei noch immer ernst. Doch woran orientiert sich der Bundesrat aktuell, wenn die tatsächliche Anzahl der Neuinfektionen nicht klar ist?
«Unsicherheit gehört zu einer Pandemie», antwortet Berset. «Aber die Fallzahlen sinken nicht, dass kann man sehen. Die stagnieren auf einem sehr hohen Niveau.» Zudem sei die hohe Positivitätsrate ein schlechtes Zeichen. «Wir wollten eigentlich eine Halbierung der Fallzahlen alle zwei Wochen. Aber wir haben immer noch 5000 Ansteckungen pro Tag. Das ist dieselbe Höhe wie Anfang Dezember. Aber es ist richtig. Wir wissen über die vergangenen zwei Wochen nicht alles.»
Berset betont, dass der Bundesrat bereit sein wolle, die Massnahmen zu verschärfen. Im Herbst sei man dafür kritisiert worden, dass nicht schnell genug gehandelt worden wäre – nun würde man fürs Handeln kritisiert.
«Wir haben nicht vor, die Schulen zu schliessen. Das ist die Aufgabe der Kantone», antwortet Berset. «Wenn aber Schlusschliessungen sinnvoll sein könnten, werden wir den Kantonen sagen, dass sie sich vorbereiten sollen.»
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«War es eine gute Idee den Kantonen Ausnahmen in Sicht zu Stellen?
Schwierig», antwortet Berset. «Der Bundesrat musste handeln, und wir wollten etwas tun für die Kantone, die vorher bereits harte Massnahmen eingeführt hatten.» Die Bekämpfung einer Pandemie sei keine exakte Wissenschaft, erklärt der Gesundheitsminister. «Wir haben das noch nie durchlebt. Wir haben also kaum Erfahrung, auf die wir zurückgreifen können.» Aktuell sei nun der Zeitpunkt, eine klare Regelung zu haben.
Die Situation könne sich nun schnell ändern, betont Berset. Grund dafür sei die hochansteckende Mutation, die sich auch in der Schweiz schnell verbreiten könnte. «Das versuchen wir zu vermeiden. Deshalb wollen wir nun schweizweite Regelungen.»
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Nun haben die anwesenden Journalisten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Ein grosses Thema ist die Gastrobranche. Wer wird bei einem verlängerten Schliessung der Restaurants bezahlen?
«Es ist uns bewusst, dass es Branchen gibt, die extrem unter dieser Situation leiden», antwortet Berset. «Deshalb haben wir von Anfang an Abfederungsmassnahmen beschlossen. Es ist klar, es ist unfair. Aber ich kann heute noch keine Konzepte zur finanziellen Unterstützung der Gastrobranche kommunizieren», sagt Berset.
Hilfeleistungen würden in Absprache mit den Kantonen festgelegt. «Wir sehen momentan leider nicht, dass wir am 23. Januar besser dastehen könnten. Deshalb werden wir uns nächste Woche auch über weitere Unterstützungsmassnahmen unterhalten.»
Laut Berset würden die aktuellen Fallzahlen den Eindruck erwecken, dass sich die Lage verbessert habe. Das sei jedoch falsch. «Es wurde weniger getestet», erläutert der Gesundheitsminister. «Die Zahlen bleiben auf hohem Niveau stabil, aber wir können derzeit eine dritte Welle nicht ausschliessen.» Dabei spricht Berset explizit die hochansteckenden Varianten aus Grossbritannien und Südafrika an.
Der Bundesrat vergleicht die Sitation in der Schweiz auch mit der Lage in Deutschland, wo härtere Massnahmen wie Bewegungseinschränkungen gelten. «Wir haben die Chance, das zu vermeiden. Wir müssen verhindern, dass sich die Situation ganz schlecht entwickelt.»
aru/anf/cpm/sda
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