«Dringlichkeit für Notrecht ist nicht gegeben»
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnt das Parlament vor einer Blockade des Steuerdeals. FDP-Politiker machen derweil Stimmung gegen das Gesetz und präsentieren neue Lösungsansätze.

Der Bundesrat könne den Steuerstreit nicht in eigener Regie lösen, sagt Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf im Interview mit der «SonntagsZeitung». «Notrecht ist für Fälle vorgesehen, bei denen so hohe Dringlichkeit gegeben ist, dass auf parlamentarischem Weg keine gesetzliche Grundlage mehr geschaffen werden kann. Dies ist hier aber nicht gegeben,» sagt die Bundesrätin und warnt, eine solche Lösung sei deshalb nicht praktikabel.
Mit ihrer Intervention versucht die Finanzministerin, die FDP unter Druck zu setzen und so den Bankendeal doch noch durch das Parlament zu bringen. Die Freisinnigen wollen das für die Bankdatenlieferung an die USA nötige Bundesgesetz an den Bundesrat zurückweisen und diesen damit zwingen, den Deal per Notrecht zu ermöglichen. Wer so handle, verhalte sich widersprüchlich, kritisiert Widmer-Schlumpf.
SP und SVP wollen das Geschäft im Parlament nicht behandeln, weil sie mit der vorgeschlagenen Lösung grundsätzlich nicht einverstanden sind. Spannt die FDP mit diesen beiden Parteien zusammen, wird der Deal schon nächste Woche im Nationalrat blockiert.
Banken haben nur 120 Tage Zeit
Die amerikanischen Justizbehörden und der Bundesrat halten die Details zum Bankendeal geheim, bis die eidgenössischen Räte in der Juni-Session die rechtlichen Grundlagen für eine Lösung des US-Steuerstreits geschaffen haben. Das sorgt bei Parlamentariern, die ab Montag das Geschäft behandeln, für Verärgerung. «Wir wollen mehr Fakten», sagt CVP-Präsident Christophe Darbellay der «NZZ am Sonntag». Er bezeichnet die Lösung im Bankenstreit mit den USA als «einseitig».
Laut Informationen der Zeitung gilt das Programm, mit dem die Banken ihre Altlasten in den USA bereinigen können, nur für 120 Tage. In dieser Zeit müssen die beteiligten Banken die von den US-Behörden geforderten Daten erfasst und übermittelt sowie eine Busse ausgehandelt haben. Den Amerikanern ist der Geduldsfaden gerissen; sie wollen die Verfolgung von Steuersündern sowie der beteiligten Banken vorantreiben – ohne Einmischung der Politik.
Darbellay will sich noch nicht festlegen, ob er der Lösung zustimmen wird oder nicht. Entscheidend werde sein, «wie viel wir Parlamentarier kommende Woche über das Angebot der Amerikaner erfahren werden».
«Kein vernünftiger Politiker stimmt dem zu»
Der Deal soll mit dem Austausch diplomatischer Noten besiegelt werden – vorausgesetzt, das Geschäft stürzt im Parlament nicht ab. Für eine Nein plädiert FDP-Finanzplatzspezialist Hans-Peter Portmann: «Kein vernünftiger Politiker im Parlament kann einem Gesetz zustimmen, dessen rechtliche und materielle Auswirkungen unbekannt sind», sagt er gegenüber der «Schweiz am Sonntag». Der Bundesrat verletze mit dem Sondergesetz, über das er das Parlament befinden lässt, zudem verfassungsrechtliche Grundsätze, «der Rechtsstaat wird damit an die Wand gefahren». Portmann spricht sich deshalb dafür aus, dass das Parlament das Gesetz ablehnt, «um unsere Souveränität zu schützen». Die Banken sollten ihre Probleme unilateral selber lösen. «Die Verantwortlichen in den Banken müssten dann halt in Gottes Namen selber abwägen, ob sie zur Existenzsicherung ihrer Institute gegen Schweizer Recht verstossen müssen.»
Der Bankendeal wird Transparenz darüber schaffen, welche Banken unversteuerte Gelder von US-Kunden haben. Besonders bei Kantonalbanken dürfte es zu bösen Überraschungen kommen. 10 bis 15 von ihnen hätten unversteuertes US-Geld übernommen, heisst es auf dem Finanzplatz. Laut «NZZ am Sonntag» rechnen dort viele damit, dass die US-Justiz die Zürcher Kantonalbank (ZKB) als Nächstes ins Visier nimmt, falls der Steuerstreit nicht beigelegt wird.
SDA/kpn/fko
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch