Donald Trump hätte ein Strafverfahren verdient
USA-Korrespondent Thomas J. Spang über die Aussagen von Ex-FBI-Direktor Comey.
Nicht nur Frauen haben jeden Grund zu fürchten, allein mit Donald Trump in einem Raum zu sein. Auch mächtige Männer. Das dokumentierte auf beklemmende Weise die Anhörung James Comeys vor dem Geheimdienste-Ausschuss des US-Senats. «House of Cards» kann da nicht mithalten. Spannender als in einem Thriller beschreibt der ehemalige FBI-Chef vor der Öffentlichkeit, was der US-Präsident anstellte, ihn gefügig zu machen. Und hält ihm nicht weniger als «Lügen» vor.
Weil Comey nicht spurte und den Präsidenten von dem Verdacht einer Zusammenarbeit mit Russland weisswusch, verlor er seinen Job. Das bestätigte Trump dummerweise selber in einem Tweet nach dem Rauswurf am 9. Mai. Mit seinen Aussagen vor dem US-Senat lieferte der gefeuerte FBI-Chef nun die Blaupause für Ermittler und Staatsanwälte, juristisch gegen Trump vorzugehen. Comey legte akribisch dar, wie der Präsident von Anfang an sein Amt missbrauchte, die Aufklärung der russischen Einmischung in die Präsidentschaftswahlen zu behindern. Schon bei einem Treffen vor der Amtseinführung wollte sich Trump versichern lassen, nicht Ziel der Ermittlungen zu sein.
Kurz danach lud er Comey zu einem denkwürdigen «Dinner für zwei» ins Weisse Haus ein. Dort verknüpfte er die Jobsicherheit des FBI-Chefs mit einem Treueschwur auf sich. So machen es auch die Mafiosi. Am Valentinstag legte Trump nach. Der Präsident ignorierte abermals die gewollte Teilung der Gewalten und drängte den FBI-Direktor zur Einstellung des Verfahrens gegen den in die Russland-Affäre verwickelten Michael Flynn. Er hoffe, Comey könne von ihm ablassen. Schliesslich beschwerte sich der Präsident explizit über die politischen Konsequenzen der Ermittlungen.
Nixon stürzte in der Watergate-Affäre über weniger als das. Ihm geriet der einmalige Versuch zum Verhängnis, die Ermittlungen des FBI wegen des Einbruchs in der Zentrale der Demokratischen Partei zu unterbinden. Nur damals herrschte in Washington noch eine andere Kultur. Es gab mehr Politiker, die das Wohl des Landes über das ihrer Partei stellten. Wer die Anhörung im Senat verfolgte, hat Mühe, dies heute zu erkennen. Trotzdem könnten die Aussagen Comeys zu einem Katalysator werden, der auf mittlere Sicht zu einem Umdenken führt. Trumps Versuch, die Justiz zu behindern, ist so offenkundig, dass Sonderermittler Robert Mueller und sein Team nicht darüber hinwegsehen können.
Die Chancen für eine Amtsenthebung im Kongress stehen aufgrund der Mehrheitsverhältnisse zu diesem Zeitpunkt zwar schlecht. Aber der Druck könnte mit dem Näherrücken der «Midterm»-Wahlen zum Kongress wachsen. Grundsätzlich nicht geschützt ist Donald Trump dagegen vor einem Strafverfahren wegen Obstruktion. Da es in der amerikanischen Geschichte dafür bisher keinen Anlass gab, bleibt unter Experten unentschieden, ob ein amtierender Präsident vor Gericht gestellt werden kann. Nach der Anhörung Comeys vor dem Senat ist klar: Donald Trump hätte es mehr als verdient.
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