Dieses Nein ist kein Drama
Der Familienartikel ging nicht über ein reines Bekenntnis hinaus und hätte alles oder nichts bewirken können. Zudem wird das Betreuungsangebot mit oder ohne Verfassungsgrundlage laufend ausgebaut.
2012 ist die Geburtenzahl in der Schweiz zum achten Mal in Folge gestiegen, am stärksten in den Kantonen Uri, Schwyz, Glarus und Thurgau – die nicht gerade als Krippenturbos bekannt sind und den Familienartikel allesamt deutlich abgelehnt haben. Hingegen gingen die Geburten im Kanton Tessin, dessen Familienpolitik weitherum als mustergültig bezeichnet wird, am deutlichsten zurück. Zwischen 2005 und 2011 hat die Geburtenzahl gesamtschweizerisch um 12 Prozent zugenommen, stärker als in den häufig genannten Fremdbetreuungsparadiesen wie Schweden oder Frankreich. Vielleicht ist der Zusammenhang zwischen familienexternem Betreuungsangebot und Geburtenrate doch nicht so eindeutig, wie die Befürworterinnen des Familienartikels immer wieder behaupten.
Wie dem auch sei: Das Nein zum Familienartikel ist kein Drama. Weil der Artikel erstens nicht über ein reines Bekenntnis hinausging und alles oder nichts hätte bewirken können. Zweitens, weil das Betreuungsangebot mit oder ohne Verfassungsgrundlage laufend ausgebaut wird. Mehrere Kantone und fast alle grossen Städte haben längst beschlossen und aufgegleist, was der Artikel forderte: ein bedarfsgerechtes Angebot an Krippen und Tagesschulen. Grosso modo lässt sich sagen: Dort, wo eine Mehrheit den Familienartikel befürwortet hat, geht dieser Ausbau etwas schneller voran – in den andern Regionen etwas langsamer.
Politisch schwieriger wird es nach dem Nein allenfalls, weiterhin Bundesgelder für die familienexterne Kinderbetreuung abzuholen. Jene Mitte-links-Koalition, welche die bestehende Anstossfinanzierung durchgesetzt hat, wird sich jedoch mit Verweis auf das gestrige Volksmehr weiterhin für Bundessubventionen starkmachen. Diese Anstossfinanzierung beweist im Übrigen, dass es dafür keinen Verfassungsartikel braucht.
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