Historische Anklage gegen Ex-US-PräsidentDiese sieben Justizverfahren hat Donald Trump am Hals
Donald Trump wird im Fall Stormy Daniels angeklagt. Das ist nur einer von mehreren Fällen, in denen dem Ex-US-Präsidenten ein Gang vor Gericht droht. Eine Übersicht.
Ein Zitat von Donald Trump teilen seine Fans gerade besonders oft in den sozialen Medien, jetzt, da er der erste Ex-Präsident der langen Geschichte der USA ist, der unter Anklage steht: «In Wirklichkeit haben sie es nicht auf mich abgesehen, sondern auf euch. Ich stehe nur im Weg.»
Ob der 76-Jährige wirklich hofft, dass seine Fans ihn wegen solcher Aufrufe mit Gewalt vor der Justiz schützen und zurück an die Macht bringen könnten, ist nicht klar. Eindeutig hingegen ist, dass Trump mit der überdrehten Rhetorik politisches Kapital aus den Rechtsverfahren zu ziehen versucht. Die Verfahren dürften Trump helfen, sich die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu sichern. Nicht geschadet hat ihm etwa auch, als vor kurzem der Finanzchef seiner Trump Organization verurteilt wurde. Dieser erhielt zwei Jahre Gefängnis wegen Steuerhinterziehung und Betrugs; Trump kam ungeschoren davon.
Bis zum Wahltermin im November 2024 dürfte keiner der Prozesse erledigt sein. Trump ist damit nicht nur der erste ehemalige Präsident unter Anklage – er wäre im Fall eines Wahlsiegs auch der erste amtierende Präsident, gegen den Verfahren laufen. Selbst im Fall einer Verurteilung dürfte er das Amt von Gesetzes wegen antreten, ja, er könnte sich sogar selbst begnadigen, allerdings nur im Bezug auf Bundesgesetze.
Trump drohen folgende fünf Straf- und zwei Zivilverfahren, bei denen die Unschuldsvermutung gilt:
Das Pornosternchen und die gefälschte Buchhaltung

Die Hauptpersonen: Pornosternchen Stormy Daniels, der windige Anwalt Michael Cohen, der New Yorker Staatsanwalt Alvin Bragg – und Donald Trump.
Entsprechend pikant sind die Details in dem Fall, in dem am Donnerstag eine Grand Jury in New York beschlossen hat, Trump anzuklagen. Staatsanwalt Bragg, ein Demokrat, hat die Ermittlungen geleitet wegen des Verdachts, Trump habe die Buchhaltung seiner Firma gefälscht. Damit habe dieser ein Schweigegeld von 130’000 Dollar an Stormy Daniels zu vertuschen versucht.
Die Pornodarstellerin sagt, sie habe 2006 mit Trump Sex gehabt. Anwalt Michael Cohen überwies ihr deswegen über eine Tarnfirma ein Schweigegeld. Ein Jahr später erstattete Präsident Trump Cohen die Auslagen zurück, in der Buchhaltung seiner Firma als Anwaltsgebühren vermerkt. Die Bundesbehörden starteten eine Strafuntersuchung, bei der sich Cohen 2018 schuldig bekannte; er erhielt eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und eine Busse von 50’000 Dollar. Gegen Trump erhoben die Ermittler damals keine Anklage.
Trump sagt, er sei unschuldig. Er will nie Sex gehabt haben mit Daniels, und das Schweigegeld sei legal, allfällige Verstösse wären längst verjährt. Nachdem eine Grand Jury beschlossen hat, Trump anzuklagen, muss dieser vor Gericht antreten. Dort wird eine andere Jury über seine Schuld entscheiden.
Der umtriebige Anwalt und das ominöse Telefonat nach Georgia

Die Hauptpersonen: Anwalt Rudy Giuliani, Georgias Staatssekretär Brad Raffensperger, Staatsanwältin Fani Willis, Präsident Donald Trump.
Die Wahl 2020 war verloren, doch Donald Trump wollte das nicht akzeptieren. Verzweifelt versuchte er, das Resultat in Staaten mit knappem Wahlausgang noch zu kippen, allen voran in Georgia. Dort streute Rudy Giuliani als sein Anwalt Gerüchte über Wahlfälschungen. Trump selbst knöpfte sich am 2. Januar den obersten Wahlverantwortlichen von Georgia in einem einstündigen Telefongespräch vor. Er forderte von Staatssekretär Brad Raffensperger, 11’780 Stimmen für ihn zu finden. Vergeblich.
Wenig später eröffnete Fani Willis, demokratische Staatsanwältin in der Hauptstadt Atlanta, ein Strafverfahren vor einer Special Jury. Das Geschworenengremium hat empfohlen, mehrere Personen anzuklagen. Die Details sind geheim, doch dürfte Giuliani darunter sein, ebenso Trump. Denkbar sind Anklagen wegen diverser Verletzungen des Wahlgesetzes von Georgia sowie wegen organisierter Kriminalität. Sie könnten mit jahrelangen Haftstrafen enden.
Der Sturm auf das US-Capitol

Die Hauptpersonen: Donald Trump, mehr als 1000 seiner Fans, Justizminister Merrick Garland, Sonderermittler Jack Smith.
Diesmal schlug Donald Trump in aller Öffentlichkeit zu, per Fernsehen live übertragen in alle Welt. Es war der 6. Januar 2021, der US-Kongress sollte das Resultat der Wahl von Joe Biden zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten feierlich bestätigen. Trump rief seine Gefolgschaft nach Washington mit den Worten, «es wird wild», und hetzte sie dann auf das Capitol.
Im Chaos kamen eine Demonstrantin und mehrere Polizisten ums Leben, mehr als 100 Ordnungshüter wurden verletzt. Doch Trump weigerte sich stundenlang, den Mob zurückzurufen.
Der Tag der Schande war indes nur der Tiefpunkt monatelanger Bemühungen Trumps, irgendwie im Amt zu bleiben. Der Ablauf jenes Tages ist inzwischen in jedem Detail bekannt. Ein Sonderausschuss des Kongresses kam zum Schluss, Trump könnte sich mehrerer Verbrechen schuldig gemacht haben.
Zuständig für eine Anklage ist Justizminister Merrick Garland. Dieser hat Sonderermittler Jack Smith auf den Fall angesetzt. Wie weit Smiths Ermittlungen gediehen sind, ist nicht bekannt. Infrage käme eine Anklage Trumps wegen Störung einer öffentlichen Verhandlung und Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten, die Verschwörung zu Falschaussagen sowie möglicherweise sogar der Vorwurf des gewaltsamen Aufstands.
Dafür könnte Trump theoretisch bis ans Lebensende hinter Gittern wandern. Er weist die Vorwürfe zurück.
Der Kitschpalast und die Nukleargeheimnisse

Die Hauptpersonen: Donald Trump und seine Anwälte, Präsident Joe Biden, Justizminister Merrick Garland, Sonderermittler Jack Smith.
Hochgeheime Unterlagen über Atomwaffen eines Partnerstaats, Akten mit Informationen ausländischer Geheimdienste und Liebesbriefe von Nordkoreas Diktator Kim Jong-un: Sie alle waren unter den Geheimdokumenten, die Trump nach dem Ende seiner Amtszeit aus dem Weissen Haus mitgehen liess. Die Episode zeigt beispielhaft, wie gering Trump die Gesetze achtet, deren Schutz er mit seinem Amtseid gelobt hat. Nach monatelanger Hinhaltetaktik rückte Trump 15 Kisten heraus, im August 2022 fand das FBI bei einer Razzia in Trumps Anwesen Mar-a-Lago 33 weitere Kisten. Justizminister Merrick Garland hat die Ermittlungen dazu Sonderermittler Jack Smith übertragen. Trump selbst behauptet, er habe alle Dokumente deklassifiziert.
Zur Diskussion stehen unerlaubtes Aufbewahren von Staatsgeheimnissen, Behinderung der Justiz, Fehlverhalten im Umgang mit Amtsunterlagen, Missachtung gerichtlicher Beschlüsse und Verschwörung zu Falschaussagen. Diese könnten teilweise mit jahrelangen Haftstrafen geahndet werden; allerdings kamen bisher hochrangige Offizielle stets mit Bussen oder sogar straffrei davon.
In die Ermittlungen gefunkt hat Präsident Joe Biden persönlich, der zu Hause ebenfalls Geheimdokumente aufbewahrt hatte, was ein weiterer Sonderermittler untersucht. Biden arbeitet mit den Justizbehörden zusammen.
Trumps soziales Netzwerk und die Kredite aus Russland

Die Hauptdarsteller: Donald Trump mit seinem Netzwerk Truth Social, russische Geldgeber.
Donald Trump versuchte nach dem Rauswurf bei Twitter, Facebook und Youtube sein eigenes soziales Megafon aufzubauen. Das Netzwerk nannte er Truth Social. Es hob nie ab, bald geriet die Firma hinter der Plattform in finanzielle Nöte. Sie beschaffte sich 8 Millionen US-Dollar in zwei Zahlungen, die den Argwohn der Bundesbehörden weckte: Die Gelder kamen aus dem karibischen Steuerparadies Dominica. US-Ermittler vermuten russische Geldgeber hinter der Überweisung. Im Raum steht der Verdacht der Geldwäsche. Trump wusste laut Informationen des «Guardian» von den Krediten. Allerdings ist bisher nicht bekannt, ob sich die Untersuchungen direkt gegen ihn richten. Trump hat sich bisher nicht dazu geäussert.
Folgenreiche Prahlereien und eine hartnäckige Staatsanwältin

Die Hauptdarsteller: Donald Trump mit seiner Trump Foundation, Staatsanwältin Letitia James.
Übertreibungen gehören zu Donald Trump wie der Vanille-Milkshake zu seinem Lieblingsmahl aus Big Mac und Pommes frites. Während er die Besitztümer seines Firmenimperiums für steuerliche Zwecke kleinrechnen liess, blies er sie stets dann auf, wenn es ihm zum Vorteil gereichte. Das zumindest wirft ihm die Staatsanwältin des Staats New York vor. Die Demokratin namens Letitia James verfolgt die Spur in einem zivilrechtlichen Prozess. Die Gerichtsverhandlung soll im Oktober beginnen. James verlangt 250 Millionen Dollar Busse und ein Geschäftsverbot in New York. Trump, der die Vorwürfe bestreitet, hat mehrmals vergeblich versucht, James mit Gegenklagen zur Einstellung ihrer Bemühungen zu zwingen.
Der Frauenverachter und die Vergewaltigung im Warenhaus

Die Hauptpersonen: Autorin E. Jean Carroll, Donald Trump.
Donald Trump habe sie in den 1990er-Jahren vergewaltigt, legt ihm die New Yorker Autorin E. Jean Carroll zur Last. Sie hat deswegen Zivilklage gegen ihn eingereicht. Weil Trump darauf mit öffentlichen Beschimpfungen antwortete, hat sie dem eine zweite Zivilklage wegen übler Nachrede hinzugefügt. Carroll wirft Trump vor, sie in den 1990er-Jahren in der Umkleidekabine eines New Yorker Warenhauses an der Fifth Avenue überfallen zu haben. Trump erwiderte, Carroll lüge, sie sei «nicht sein Typ».
Im April beginnt der Prozess. Eine Reihe von Zwischenentscheidungen hat Trump verloren. Unter anderem wollte er die Klage abweisen lassen, weil die Verjährungsfrist längst abgelaufen sei. Da es sich um einen Zivilprozess handelt, droht Trump keine Haft, sondern vielmehr ein Schmerzensgeld in unbekannter Höhe.
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