Terror gegen das eigene Volk
Das Erbe von Stalin lastet nach wie vor auf Russland. Dies zeigt der renommierte Experte Oleg Chlewnjuk in einer neuen Stalin-Biografie.

In Stalins Bibliothek befanden sich 397 Bücher, in denen der Diktator Randbemerkungen und Unterstreichungen hinterliess. Der ehemalige Seminarist las vor allem und immer wieder die Werke seines Vorgängers Lenin wie ein Scholastiker die Bücher der Bibel: «Sehen wir mal nach, was Wladimir Iljitsch zu der Angelegenheit zu sagen hat», sagte er oft und fand schnell eine nützliche Stelle. Von Karl Marx und Friedrich Engels besass er 13 Werke; Engels kritisierte er öffentlich wegen dessen Abscheu vor der zaristischen Gewaltherrschaft. Stalin hingegen hatte eine Schwäche für Peter den Grossen und Iwan den Schrecklichen. Belletristik interessierte ihn kaum; er hatte nur wenige Klassiker der russischen und europäischen Literatur gelesen.