4:0 gegen SionDie Young Boys läuten mit einer Party die eigentliche Festwoche ein
Drei Spieler ragen beim 4:0-Sieg gegen Sion aus dem Berner Kollektiv heraus. Ein Lackmustest sind die Walliser für den Tabellenführer jedoch nicht.

Die Szene nach einer halben Stunde ist unscheinbar. Ein Querpass innerhalb der Berner Viererkette gerät zu lange und rollt in Richtung Seitenaus. Dann braust Kastriot Imeri heran und hält den Ball gerade noch im Feld. Das alles spielt sich in der Nähe der Mittellinie ab. Ungefährliche Zone, eine unscheinbare Szene eben. Aber wenn ein Kreativfussballer wie Imeri für seine Kollegen in der Abwehr solche Bälle erläuft, dann sagt das viel darüber aus, wie eine Mannschaft zu Werke geht.
Die Young Boys waren dem FC Sion an diesem kühlen Samstagabend in allen Belangen überlegen. Und sie stellten in Meschak Elia einen der überragenden Individualisten. Nach 74 Sekunden verwertete der Kongolese einen abgewehrten Schuss von Christian Fassnacht zum 1:0, weil er schneller dachte als alle anderen; kurz vor der Pause erzielte er das 2:0, weil er nach Cedric Ittens Pass in die Tiefe schneller rannte als alle anderen. Später vergab er den ersten Hattrick seiner Karriere.
Elia hat vor offiziell 28’052 Menschen im Wankdorf seinen Status als Berner der Stunde betoniert: In den letzten zwei Spielen erzielte er drei Tore, wenige Wochen nach einer langen Rot-Sperre und einer der schwierigsten Phasen, seit er in Bern ist.
Zum Zeitpunkt von Elias 2:0 standen noch zehn Walliser auf dem Platz. Giovanni Sio hatte in der 25. Minute wegen einer Tätlichkeit an Cédric Zesiger die Rote Karte gesehen. Die TV-Bilder zeigen, dass Sio Zesiger mit seinem Ellbogen nicht getroffen hat. Doch Schiedsrichter Luca Cibelli reichte die Absicht. Die Rote Karte ist korrekt. Zesiger quittierte sie mit einem Lächeln, das die ganze Genugtuung eines schlauen Provokateurs transportierte.

Der Franzose David Bettoni musste da bereits gewusst haben, dass er seinen Einstand als Sion-Trainer mit der elften Saisonniederlage der Walliser begehen würde. Ihm kommt die Aufgabe zu, das aktuell schwächste Team der Super League in die Spur zu bringen. Das beinhaltet auch die ganze Moderation um Mario Balotelli, von dem nur noch der Name an die ehemalige Weltklasse erinnert. In Bern fehlte der Stürmer krank. Ärzte, das will der «Blick» wissen, hätten beim Stürmer zu Hause dessen Fieber nachgemessen.
Bettonis Antipode Raphael Wicky hatte auf drei Neue in der Startaufstellung gesetzt: In der gewohnten 4-4-2-Grundordnung mit Raute ersetzte Cedric Itten den Topskorer Jean-Pierre Nsame, Fabian Lustenberger spielte in der Innenverteidigung anstelle Aurèle Amendas, und Imeri übernahm Filip Ugrinics Rolle auf der Seite.
Diese Besetzung brachte dem Tabellenführer nach drei Liga-Unentschieden in Folge den Sieg ein. Trainer Raphael Wicky sagt: «Es gibt im Fussball ein Resultat. Und es gibt eine Leistung. Es ist ja klar, dass wir mit drei Unentschieden nicht zufrieden sind. Das ist nicht unser Anspruch. Aber ich muss das als Trainer differenzierter anschauen.» Die Kritik am Trainer nach dieser sieglosen Phase rauschte durch die Berner Fussballwelt. Leise, aber hörbar.
Und genau deswegen kommt der Sieg gegen Sion vielleicht zum besten Zeitpunkt überhaupt: In den nächsten fünf Spielen duelliert sich YB dreimal mit Basel, wo Wicky zum Trainer gereift ist. Diese Spiele der zwei grössten Clubs des Landes, getränkt mit aufgestauten Emotionen, werden zum eigentlichen Lackmustest für den Tabellenführer.
Schiessen lernen mit Fabian Rieder
Am Samstag blieb er in der Liga zum ersten Mal in diesem Jahr ohne Gegentor. Sion brachte gerade mal zwei Schüsse auf Anthony Racioppis Tor. Einen davon, nachdem sich der ansonsten tadellose Berner Goalie einen Fehlpass der Marke Feierabend geleistet hatte.
Der Rest der Walliser Abschlüsse flog irgendwohin, oder sie kamen gar nicht erst zustande. Auch wegen Innenverteidiger Zesiger: Er hatte weit über 100 Ballkontakte, 93 Prozent seiner Pässe kamen an. Bestwert. Und als er nach einer Stunde Itaitinga im Vollsprint und im Strafraum den Ball weggrätschte, da schien er dieser Liga entwachsen.
Neben Elia und Zesiger war Fabian Rieder der dritte herausragende Individualist dieser Partie. Nach etwas mehr als einer Stunde verwertete er Nsames Hacken-Pass zum 3:0. In der 86. Minute schoss er zum ersten Mal ein zweites Tor in einem Profispiel. Und die Bilder dieses Schusses zum 4:0, aus rund 20 Metern, praktisch aus dem Stand und ab damit ins Lattenkreuz, die können die Young Boys gleich per Rundmail durch die ganze Jugendabteilung schicken.
Mit diesem 4:0-Sieg und mindestens 13 Punkten Vorsprung auf die Konkurrenz gehen die Berner in eine Festwoche: Am Dienstag feiern sie ihren 125. Geburtstag. Beim ersten Aufeinandertreffen mit dem FC Basel (am 19. März im Wankdorf) tragen sie deswegen ein Jubiläumstrikot. Schwarz soll es sein und hochwertig und einzigartig, so schreibt es der Verein.
Nach der Party gegen Sion dürften die Verkaufszahlen dieses Trikots zumindest nicht einbrechen.
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