
Der Verwaltungsrat unter dem neuen BLS-Präsidenten Ueli Dietiker beisst in den sauren Apfel: Er willigt in Mehrkosten von voraussichtlich 13 Millionen Franken ein, um den Tunnel vollständig sanieren zu lassen. Dies auf Druck der Bahnaufsichtsbehörde des Bundes und von Politikern auf beiden Seiten des Lötschbergs.
Der Schritt ist richtig. Zwar ist die eklatante Kostenerhöhung für das ganze Projekt von rund 50 Prozent auf 158 Millionen Franken skandalös. Aber jetzt wegen 13 Millionen Franken auf den Fertigbau verzichten? Nein, das wäre noch deutlich teurer geworden. Denn früher oder später müssen auch die letzten 1,3 Tunnelkilometer erneuert werden. Dafür später eine neue Baustelle und Teilsperrungen einzurichten, hätte unnötige Mehrkosten verursacht.
Die Bahnkunden und auch die Steuerzahler fahren so am besten. Zudem gehen Baufachleute davon aus, dass die Kosten von Anfang an in dieser Höhe gewesen wären, wenn die Ausschreibung korrekt erfolgt wäre. Marti offerierte einen unverschämt tiefen Preis und zeigte keine Skrupel, die Lücken in der schlampigen Ausschreibung der BLS dann auch voll auszunutzen.
Eine goldene Nase dürfte sich der Berner Baukonzern aber nicht verdienen. Tatsächlich muss wesentlich mehr Altschotter abgeführt und Beton eingebracht werden, als ursprünglich angenommen. Mit dieser Skandalgeschichte hat sich Marti zudem nicht als Tunnelbauunternehmen empfohlen. Und wegen des Umweltskandals – die Ablagerung von teilweise giftigem Aushub beim Blausee – läuft weiterhin ein Strafverfahren.
Zur Aufarbeitung gehört aber auch, dass die BLS die Konsequenzen aus dieser Affäre zieht. Der neue Chef Daniel Schafer sollte die Infrastruktursparte mit Fachleuten ergänzen und den juristische Rückhalt verbessern.
Bis es so weit ist, bleibt die Hoffnung, dass die 13 Millionen Franken Mehrkosten am Lötschberg wirklich definitiv sind. Und sollte Marti deutlich mehr Geld verlangen, darf die BLS auch nicht davor zurückschrecken, den Auftrag für das letzte Teilstück neu zu vergeben.
Julian Witschi ist Wirtschaftsjournalist im Ressort Bern. Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung und wurde mit einem Swiss Press Award ausgezeichnet.
Mehr Infos@JWitschiFehler gefunden?Jetzt melden.
Kommentar zum BLS-Entscheid – Die Totalsanierung ist das einzig Richtige
Die neue BLS-Führung macht vorwärts, um das Schlamassel am Lötschberg zu bereinigen.