175 Jahre EisenbahnDie Spanischbrötlibahn fährt mit Volldampf nach Zürich – trotz Feuerverbot
Bundesrätin Simonetta Sommaruga reiste mit 150 Gästen von Baden nach Zürich, um das 175-Jahr-Jubiläum der Bahn in der Schweiz zu feiern. Diese sei der Stolz der Schweizer, sagte sie – und zog einen Vergleich mit der Ukraine.

Für das Bahnland Schweiz ist der heutige Dienstag ein historischer Tag: Vor 175 Jahren nahm die erste Bahnlinie, die Spanischbrötlibahn, ihren Betrieb auf. Zum Jubiläum fuhr Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Dienstagnachmittag im historischen Dampfzug, betrieben mit Kohle, von Baden nach Zürich – die Strecke der historischen Bahn. Dafür erhielt der Zug gar eine Ausnahmebewilligung, denn wegen der Dürre besteht ein Feuerverbot.
Die Verkehrsministerin reiste im Wagen der dritten Klasse, dem Holzbahnwagen. Mit dabei waren Mitglieder des Bundesparlaments und die Präsidentinnen der Kantonsparlamente Aargau und Zürich sowie Gäste, allesamt rund 150 Personen. Die Jubiläumsfahrt mit der elektrisch angetriebenen Lokomotive «Krokodil» und der Gotthard-Dampflokomotive «Elefant» dauerte rund 45 Minuten.
Sommaruga: «Darum beneidet man die Schweiz»
Am Ziel der Fahrt, dem SBB-Reparaturzentrum Altstetten, gab es einen offiziellen Festakt mit Reden von Verkehrsministerin Sommaruga, SBB-Chef Vincent Ducrot und Renato Fasciati, Präsident des Verbands öffentlicher Verkehr. Sommaruga bezeichnete den ÖV als «eine der ganz grossen Stärken des Landes». Die Bevölkerung könne sich sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen auf Bahn, Bus, Postauto und Tram verlassen. «Darum beneidet man die Schweiz in vielen Ländern.»
Der Krieg in der Ukraine habe auch deutlich gemacht, dass die Bahn zentraler Bestandteil der europäischen Sicherheitsarchitektur sei. «Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat praktisch nur noch die Bahn funktioniert», sagte die Verkehrsministerin. Die Bahn habe Flüchtlinge an die Landesgrenzen gebracht, Lebensmittel und Hilfsmaterial in die ukrainischen Städte transportiert, und sie sorge jetzt dafür, dass ukrainisches Getreide überhaupt noch exportiert werden könne.
Lokomotiv-Nachbau von 1947
Die Lokomotive, welche die Prominenz aus Baden nach Zürich gebracht hatte, ist ein originalgetreuer Nachbau der «Limmat». Das zum 100-Jahr-Jubiläum 1947 erbaute Replikat ist heute im Besitz der Stiftung SBB Historic in Brugg.

Die vier ersten originalen Lokomotiven der Spanischbrötlibahn waren aus Karlsruhe in Deutschland nach Zürich geliefert worden, aus der Kesslerschen Maschinenfabrik, erbaut nach englischem Vorbild. Zwei trugen die Namen «Limmat» und «Aare» und verkehrten 19 Jahre lang, von 1847 bis 1866. Dann wurden sie in Rangier-Tenderlokomotiven umgebaut und wenig später abgebrochen.
Verbindung war nie rentabel
Die Spanischbrötlibahn startete ihren ordentlichen Betrieb am 9. August 1847 mit vier Fahrten pro Tag. Die Züge brauchten für die 23 Kilometer lange Strecke ohne Halt 33 Minuten. Eine Fahrt in der dritten Klasse kostete 80 Rappen, das entsprach damals etwa vier Stundenlöhnen. Wer sich die erste Klasse leistete, bezahlte das Doppelte.

20’000 Personen verkehrten in den ersten Wochen mit der neuen Bahn. Doch die Verbindung war nicht rentabel: Der Ausbruch des Sonderbundskriegs im November versetzte der Bahn-Euphorie einen ersten Dämpfer, die Fahrpreise mussten gesenkt werden.
Die erste Schweizer Bahnlinie war in nur sechzehn Monaten von Tausenden Arbeitern – darunter auch Sträflinge aus dem Badener Gefängnis – erstellt worden, mitsamt Brücken, Bahnhöfen und dem Tunnel unter dem Schlossberg in Baden.
Die SBB feiern erst ihr 120-Jahr-Jubiläum
Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wurden erst im Jahr 1902 gegründet, nach einer Volksabstimmung im Jahr 1898. Bis dahin lag der Bau des Schienennetzes in der Hand von privaten Gesellschaften, die, wie die Schweizerische Nordbahn, welche die Linie Baden–Zürich betrieb, zunehmend in Schwierigkeiten gerieten. Viele Linien rentierten nicht, gingen in Konkurs, und Passagiere waren mit der Leistung unzufrieden.
Per Volksabstimmung wurden die wichtigsten Privatbahnen schliesslich verstaatlicht und die SBB gegründet. Die Mehrheit der regionalen Bahnen blieb jedoch auch mit den SBB in privater Hand respektive unter der Führung der jeweiligen Kantone.
Obwohl heute in Europa niemand so lange im Zug sitzt wie die Schweizerinnen und Schweizer: Die Bahnpionierin ist das Land nicht. Der Bau der Eisenbahn ging hierzulande erst spät los. Bereits im Jahr 1802, also 45 Jahre zuvor, fuhr in Grossbritannien eine erste Dampflok. Als in der Schweiz die ersten Linien eröffnet wurden, gab es solche schon in fast allen europäischen Ländern.
(Mit Material der SDA)
SDA/lop
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