Die späte Genugtuung für Simpson
Die Schweizer Eishockeyaner haben in Stockholm auf imponierende Weise die WM-Viertelfinals erreicht. Das ist vor allem für Nationaltrainer Sean Simpson eine grosse Befriedigung.

Fünf Spiele, fünf Siege – einen solch erfolgreichen WM-Start hat eine Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft seit dem Turnier von 1948 in St. Moritz nicht mehr hingelegt. Das Ticket für den Viertelfinal in Stockholm hat die Schweizer Nati bereits in der Tasche. Und wie sie ihr erstes Ziel geschafft hat, verdient ein dickes Lob und grosse Anerkennung. Nach den verdienten Siegen gegen die grossen Eishockey-Nationen Schweden, Kanada und Tschechien hat dieses Team die Hürden gegen vermeintlich Kleine wie Slowenien und Dänemark solid und problemlos genommen.
Die Art und Weise, wie diese Vertretung ohne Stars in Schwedens Hauptstadt bisher auftrat, hat selbst ausländische Beobachter beeindruckt. Die Schweizer spielen mit grosser Leidenschaft und Herz, sind immer solidarisch, jeder steht für den anderen ein. Und im Gegensatz zu den letzten beiden WM-Turnieren stehen die Schweizer in wichtigen Statistiken wie Toreffizienz und Powerplay-Goals ganz weit oben. Der Teamgeist stimmt, ist selbst für den Zuschauer spürbar. Kein Wunder, hört man landauf und landab den Satz: «Dieses Team macht wirklich Freude.» Dabei ist die Schweiz nominell längst nicht so gut besetzt wie bei der missglückten WM 2012 in Helsinki.
Aus Fehlern gelernt
Dass die Schweizer ein Jahr später auch die kühnsten Erwartungen übertroffen haben, liegt nicht zuletzt am Personalchef. Sean Simpson hat in diesem Jahr die richtige Mischung gefunden. Der Nationalcoach musste in der jüngsten Vergangenheit viel verbale Prügel von den Medien einstecken – auch an dieser Stelle. Aber Simpson hat neben personellen Fehlentscheiden auch von taktischen Fehlern der Vergangenheit gelernt: Er lässt etwas defensiver spielen, mit der Folge, dass sein Team kompakter spielt, namentlich in der Mittelzone. Obwohl der kanadisch-britische Doppelbürger oft eine Grimasse schneidet, als habe er gerade eine Nachsteuer bekommen, so tritt er wieder selbstsicherer auf als in den letzten beiden Jahren. Das spüren natürlich auch die Spieler, die wissen, dass ihr Chef an der Bande ein absoluter Fachmann ist. Sonst hätte er die ZSC Lions im Jahre 2009 nicht zu zwei überzeugenden Triumphen in der Champions League und im Victoria Cup geführt. Zweifelsohne profitiert er auch von der Arbeit seines Vorgängers Ralph Krueger, der den Kandidatenkreis für die Landesauswahl schon vergrössert hat.
Mit dem Viertelfinaleinzug hat Simpson den Kritikern das Maul gestopft. Niemand zweifelt daran, dass er seinen Vertrag bis 2014 erfüllen darf. Damit macht er auch seinen Vorgesetzten beim nationalen Verband das Leben leichter. Der Erfolg ist dem Trainer, der durchaus auch humorvoll sein kann, zu gönnen. Doch der WM-Höhenflug macht Lust auf mehr. 2010 in Mannheim ist Simpson mit seiner Mannschaft im Viertelfinal knapp am deutschen Beton gescheitert. Die Schweiz ist in Schweden aber bisher so souverän aufgetreten, dass man den Halbfinal als realistisches Fernziel formulieren darf. Der Kampf um die Medaillen wäre ein noch grösser Erfolg in der Neuzeit als der vierte Rang an der Heim-WM 1998 bei eigenartigem Modus.
Nach dem 4:1-Erfolg gegen die Dänen sagte Simpson entschlossen: «Wir sind noch nicht fertig.» Das beweist, dass der Ehrgeiz und der Wille bei diesem Schweizer Team da ist, etwas Grosses zu schaffen. Was auch immer auf dem Eis geschieht: Auf jeden Fall wird der der Nationalcoach nach dieser WM in der Öffentlichkeit nun jenen Respekt erhalten, den er auch verdient.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch