Die Schrulle
Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Ihre eigene Entwicklung hat sie eingeholt.
Ich hatte es für eine brillante Idee gehalten. Ab ins Hallenbad im Nachbardorf, wenn alle Stadtberner und jene von ringsum sich in die Freibäder drängen. Doch nun stand ich hinter dem Drehkreuz und ahnte Böses: Die Schuhecke war überstellt von Kinderschuhen. Vielleicht ein Schwimmkurs, bestimmt ist der gleich vorbei, versuchte ich mich zu trösten. Und dass mindestens eine Bahn für Schwimmer abgesteckt sein würde.
Als ich die Badi betrat, schwand jede Hoffnung. Ein Lärm wie von einem gigantischen Vogelschwarm erfüllte die Halle. Die Kinder waren überall. Auf den Böcken, den Rändern, den Absperrleinen, in jeder mit Wasser versehenen Ecke und in allen anderen auch. Dazwischen ragten vereinzelte Köpfe von älteren Schwimmern aus dem Nass. Es war ein Albtraum.
Doch so rasch gab ich nicht auf. Ich stieg ins Wasser. Die Kids würden schon zur Seite gehen, wenn jemand Grösseres ein bisschen schneller angeschwommen käme.
Ich hatte mich getäuscht. Sie planschten einfach weiter. Flitzten vor meine Nase, kickten mich in die Seite, streiften meine Füsse, sprangen über mich hinweg und tauchten unter mir durch. Als mich ein Arm am Kopf traf, schickte ich einen bösen Blick durch meine Schwimmbrille. Zwei grosse braune Mädchenaugen starrten zurück – und in diesem Moment erinnerte ich mich.
Ich war zehn, und es gab nichts Schöneres, als mit meiner besten Freundin in der Badi abzuhängen. Wir hockten auf den Absperrleinen und sammelten die Ringe vom Beckenboden, drei, vier, fünf auf einen Streich. Ab und zu linsten wir zu den Jungs hinüber, um zu schauen, ob einer schaute.
Und dann war da immer so eine Schrulle. Eine Frau mit Schwimmbrille und Schwimmkappe, die ständig bös blickte.
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