SCB-Anschlusstreffer kommt zu spätZu viele Fehler – aber einer ist schon in Olympiaform
Die Rückkehr nach 17 Tagen Corona-Pause missrät dem SCB. Im Klassiker bei den ZSC Lions unterliegen die Berner trotz zwei Toren von Christian Thomas 3:4.

Eine letzte Welle brandet auf Jakub Kovar zu, nachdem Christian Thomas 69 Sekunden vor Spielende auf 3:4 verkürzt hat. Die letzten Sekunden stürmt der SCB sogar mit sechs Feldspielern gegen vier an, der Tscheche im ZSC-Tor wird aber nicht mehr geprüft. Die Berner verlassen das Hallenstadion erstmals nach 450 Tagen und vier Siegen als Verlierer. Zwingend sei die Niederlage nicht gewesen, sagte Christian Thomas: «Wir haben ein paar Fehler zu viel gemacht, die hat der Gegner ausgenützt. Wir hätten aber auch gewinnen können.»
Tatsächlich: Im Schlussdrittel fehlten bei einem Abschluss des wirbligen Thomas nur Zentimeter zur erstmaligen Führung, und als stattdessen den Einheimischen das 3:2 gelang, waren die Berner daran nicht unschuldig. Ein Aufbauversuch aus der eigenen Zone von Phil Varone konnte von den Lions abgefangen werden, schliesslich traf Garrett Roe ins hohe Eck. Drei Minuten vor Spielende wiederholte sich die Szenerie: Thomas verpasste den Ausgleich knapp, im Gegenzug lief Denis Malgin seinem Topskorer-Antipoden Dominik Kahun davon und traf sehenswert zum 4:2.
Im ersten Spiel nach der jüngsten 17-tägigen Corona-Pause bekundeten die Berner Mühe, den Rhythmus zu finden. Zwei unnötige Strafen führten zu zweimaliger Unterzahl und letztlich zu zwei Minustreffern. 52 respektive 62 Sekunden brauchten die Gastgeber bei den ersten beiden Powerplays, um zu treffen. Torschütze war zweimal aus kurzer Distanz Chris Baltisberger. Der Vorkämpfer der Zürcher sucht die Position im Slot immer wieder, dass er allerdings so viel Platz erhält, ist selten. Durch einen Energieanfall von Thomas drei Minuten vor Drittelsende hielt sich der Schaden in Grenzen. Und weil Mika Henauer 59 Sekunden vor Schluss des Mittelabschnitts mit einem sehenswerten Handgelenkschuss der Ausgleich gelang, war noch einmal alles möglich.
30 Minuten vor der Abfahrt kam die Absage
Spielverschiebungen vor Weihnachten, die Absage des Spengler-Cups, an dem ein Teil des Kaders bei der Bern Selection ausgeholfen hätte, danach die neuen positiven Corona-Fälle und die damit verbundene Quarantäne für viele Spieler – es liegt eine schwierige Zeit hinter den Bernern. «Es waren sehr seltsame Wochen», sagt Thomas.
Auch für ihn persönlich: Er sah sich gleich zweimal um einen der Saisonhöhepunkte gebracht. Eigentlich hätte er beim Traditionsturnier in Davos für das Team Canada auflaufen sollen, dann für die Berner Kantonsauswahl. «30 Minuten, bevor ich mit meinem Vater losgefahren wäre, kam die Turnierabsage. Das hat wehgetan.»
Christian Thomas hat der lange Unterbruch jedenfalls nicht geschadet. Er war initiativster SCB-Spieler und strotzte vor Spielfreude – am Schluss stand er mit nicht weniger als 11 Torschüssen zu Buch. Er scheint gewappnet für die kommenden Wochen, in denen die unfreiwillig gesammelten Energiereserven einer Belastungsprobe unterzogen werden. Neun Partien stehen gemäss aktuellem Stand bis und mit 28. Januar auf dem Spielplan. Der Mann aus Ontario freut sich: «Das wird aufregend. Wichtig ist, dass wir kurze Trainingseinheiten bei hohem Tempo absolvieren und für jede einzelne Partie bereit sind.»
Anschliessend folgt der vierwöchige Unterbruch, und Thomas wäre begeistert, wenn sich dies für ihn nur auf die Meisterschaft beziehen würde. Der Traum von einem erneuten Olympiaaufgebot lebt, nachdem er vor vier Jahren in Pyeongchang mit den «Ahornblättern» Bronze gewonnen hat. «Es gibt viele Kandidaten», sagt er, «aber ich wäre enorm gern dabei. Für einen Sportler sind die Olympischen Spiele das Grösste, und mir läuft es jetzt noch kalt den Rücken herunter, wenn ich an 2018 denke.» Im Hallenstadion hat er gewiss Werbung in eigener Sache gemacht.
Marco Keller ist seit Mitte der 1990-er-Jahre Sportjournalist. Für Tamedia schreibt er seit 2013 hauptsächlich über Eishockey, daneben beschäftigt er sich auch mit Fussball und verschiedenen anderen olympischen Sportarten.
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