Die Renaissance der Kirchenorgeln
Vor 500 Jahren begann die Reformation in Deutschland und später auch in der Schweiz. Dies bedeutete das Ende der alten Kirchenmusik: Nebst Gemälden wurden auch die Orgeln aus den Gotteshäusern entfernt. Im 18. Jahrhundert kam es auch im Berner Oberland zu einer Wiedergeburt der Kirchenorgel.

Im Jahr 1517 leitete Martin Luther die Reformation der Kirche ein. Die eigentlichen Reformationsbewegungen in unserem Land entstanden dagegen erst in den 1520er-Jahren. Nach der Disputation der bernischen Obrigkeit im Berner Münster im Jahr 1528 wurde die Reformation daselbst und auch im Oberland, oft gegen Widerstand der Bevölkerung, eingeführt.
Im Gegensatz zu Luther, der an die Stelle des kunstvollen Priestergesangs das Lied der Gemeinde setzte, liess der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli, unter dessen Einfluss auch die bernische Reformation stand, nur das Wort Gottes in der Kirche zu. Die Orgeln wurden abgebrochen, da Zwingli, der um einiges radikaler als Luther war, Musik in der Kirche als Ablenkung sah und ablehnte.
Doch die Berner konnten nicht lange darauf verzichten, und schon 30 Jahre nach der Reformation wurde vor und nach dem Gottesdienst wieder gesungen. Doch der A-cappella-Gesang war mehr schlecht als recht, und man setzte auf die Unterstützung durch einen Vorsänger, meist den Schulmeister, oder durch einen Posaunisten.
Orgelverbot aufgehoben
Es könnte vereinzelte, vorreformatorische Orgelwerke in den Gotteshäusern der Region gegeben haben, so zum Beispiel im Augustinerkloster in Interlaken, doch kann dies bis jetzt mit keinen Quellen belegt werden. Lange Zeit widersetzte man sich der erneuten Verwendung der Orgel.
Erst mit dem Beschluss des bernischen Rates der Zweihundert vom 5. Juni 1726 wurde das Orgelverbot aufgehoben, aber es verging noch einige Zeit, bis die Landeskirchen von der Möglichkeit Gebrauch machten, ebenfalls Orgelwerke errichten zu lassen. Auf dem Land erfolgte diese Änderung viele Jahre später, meist erst im 17. Jahrhundert.
Mit dem Beschluss des bernischen Rates der Zweihundert vom 5. Juni 1726 wurde das Orgelverbot aufgehoben.
Eine der ersten Orgeln der Nachreformation im engeren Berner Oberland wurde in Brienz schätzungsweise um 1781 von einem unbekannten Erbauer konstruiert. Oft waren die Orgelbauer aus einem anderen Kanton oder sogar aus dem Ausland, was eigentlich erstaunt, wären doch die einheimischen Schnitzler dazu prädestiniert gewesen, kunstvolle Werke herzustellen. Auch waren die Kosten dieser goldglänzenden Instrumente eine grosse finanzielle Belastung und übertrafen den Aufwand für einen Schulhausbau.
Walliser Orgelbauer
Im Emmental entstand eine rege Orgelbautätigkeit, dort wurden kleinere Hausorgeln, eingesetzt zur Unterhaltung und bei Hausandachten, zur Tradition. Zu den bekanntesten Schweizer Orgelbauern der damaligen Zeit gehörten die beiden Familiendynastien Walpen und Carlen aus dem Goms.
1788 baute Felix Carlen seine erste Orgel im Berner Oberland in der Kirche Gsteig bei Interlaken. 20 Jahre später konstruierten die Gebrüder Walpen das Instrument der Kirche Frutigen.
Es war dann wohl Carlens Nachfahre Anton, der mit seinem Sohn die prächtige Orgel in der Burgkirche Ringgenberg herstellte. Damals verfügte diese Orgel noch über den ursprünglichen hellen barocken Klang, und sie erlangte grosse Berühmtheit, als Felix Mendelssohn auf seiner letzten Schweizer Reise 1847, seinem Todesjahr, darauf spielte.
Die Orgel der Burgkirche Ringgenberg erlangte Berühmtheit, als Felix Mendelssohn auf seiner letzten Schweizer Reise darauf spielte.
1964 wurde in das Barockgehäuse eine neue Orgel eingebaut und dabei der Prospekt, die Vorderseite mit den Pfeifen, im Originalzustand erhalten. Sie ist, zusammen mit Spiez, vermutlich eine der letzten mit dem Originalgehäuse im Berner Oberland.
Eine der langjährigen Organistinnen auf ebendieser Orgel in Ringgenberg ist Erika Cotti aus Goldswil: «Anfänglich verfügte die Orgel etwa über zehn Register, nun sind es deren neunzehn und ungefähr 1500 Pfeifen aus Holz und Metall. Ich spiele schon seit über 40 Jahren auf dieser Orgel, gegenwärtig etwa einmal pro Monat. Auswärtige Organisten, die gelegentlich auf dieser Orgel spielen, sagen, es sei sehr heikel, darauf zu spielen.»
Letztes Werk in Habkern
Den Vertrag für den Bau der Orgel in Grindelwald wurde von Johannes Sylvester Walpen und seinem Sohn Thomas Sylvester unterzeichnet. Die Einweihung im Jahr 1839 erlebte der Vater aber nicht mehr, er verstarb noch während des Baus.
Das letzte Orgelwerk der Walpens im Oberland erhielt die Kirche Habkern. Dies wurde 1846 per Schiff bis Neuhaus transportiert und dann per Fuhrwerk nach Habkern gefahren. Das Orgelgehäuse ist heute noch erhalten, das Pfeifenwerk wurde 1973 erneuert.
Wegen seiner offenbar längeren Krankheitszeit konnte der letzte Orgelbauer der Walpens seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen und angefangene Aufträge nicht vollenden. Er verstarb 1857, arm und vermutlich verwitwet, in Luzern. Mit seinem Tod endete die Orgelbautätigkeit der Familie aus Reckingen.
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