«Die Randalierer nutzen die grosse Masse als Schutzschild»
Einmal mehr nutzten am Wochenende in Bern Randalierer die grosse Masse als Schutzschild. Krawall machten Personen aus der ganzen Schweiz – und auch Frauen.
Das Rezept ist immer das gleiche: Eine relativ kleine Gruppe von Gewaltbereiten nutzt einen Anlass oder eine Kundgebung, um Menschen anzugreifen und mutwillig Sachen zu zerstören. Am Samstag waren es nach Angaben der Behörden rund 50 Personen, die bewaffnet und vermummt rund um die Berner Reitschule Strassenbarrikaden errichteten, zwei Fahrzeuge anzündeten und Polizisten mit Feuerwerkskörpern oder Steinen attackierten. Dass dabei keine politische Botschaft, sondern lediglich die Freude an der Gewalt im Vordergrund stand, zeigt der Umstand, dass Randalierer extra für das «Happening» anreisten.
Das Phänomen der «Krawalltouristen»
Man könne von «Krawalltouristen» sprechen, sagt Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). «Am Samstag war der Kern der gewalttätigen Linksextremen in Bern.» Für die Demonstration habe beispielsweise auch die «Revolutionäre Jugend Zürich» mobilisiert. Das Phänomen ist nicht neu: Auch bei früheren Anti-WEF-Demos oder am «Tanz dich frei» funktionierte der Krawalltourismus. Im Gegenzug reisten Berner Linksextremisten etwa an die 1.-Mai-Kundgebungen nach Zürich. Gewisse Personen seien den Behörden durchaus bekannt, sagt Nause.
Nach Auskunft der Polizei wurden am Freitag und Samstag insgesamt 18 Personen angehalten. 9 von ihnen – sieben junge Männer und zwei junge Frauen – sind minderjährig. Von diesen 18 Personen seien alle im Kanton Bern wohnhaft. Das lasse jedoch keinen Rückschluss zu, woher die Demoteilnehmer insgesamt kamen, betont die Kantonspolizei. «Kenner der Szene haben beobachtet, dass auch Personen aus anderen Kantonen dabei waren.»
Die grosse Masse als Schutzschild
Wie ist es möglich, dass solche Gewalttäter immer wieder ihr Unwesen treiben können? Das grösste Problem – so auch am Wochenende – sei das Umfeld solcher Ausschreitungen, sagt Nause. «Die Randalierer nutzen die grosse Masse als Schutzschild.» Auf dem Vorplatz der Reitschule und im Inneren lief der übliche samstägliche Betrieb. Hier Täter herauszuholen, ohne unbeteiligte Besucher zu gefährden, sei sehr heikel, sagt Nause. Augenzeugen beobachteten zudem, dass sich Randalierer in die Reitschule zurückzogen.
Die Polizei habe vom Gemeinderat den Auftrag gehabt, keinen Demonstrationszug durch die Stadt zuzulassen, sagt Nause. Diesen Auftrag habe sie umgesetzt. Auch Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) lobte den Einsatz der Polizei. Selbst wenn ein Randalierer festgenommen wird, ist es schwierig, ihm die Straftaten lückenlos nachzuweisen. «Solche Extremisten sind vermummt und dementsprechend schwierig zu identifizieren», sagt Nause. Angeklagt wird jemand in einem solchen Fall wegen Landfriedensbruch. «Aber dafür wandert keiner ins Gefängnis.»
Hausbesetzer haben Sympathien verscherzt
Aufgerufen zur dritten Demo innert Wochenfrist hatte die Gruppe «Raumraub». Sie kritisiert die Räumung des besetzten Hauses an der Effingerstrasse. Offensichtlich haben sich die Hausbesetzer aber viele Sympathien verscherzt, wie ein Blick auf die Facebook-Seite des Kollektivs zeigt. «Ihr zerstört die Legitimation aller, die sich für Zwischennutzung, Wohnraum und Freiraum einsetzen», lautet einer der zahlreichen kritischen Kommentare. Ein anderer: «Für den Normalbürger stellt sich hier die Frage, inwiefern Fahrzeuge in Brand setzen etwas mit der Erkämpfung von mehr Freiraum zu tun hat?»
Aber auch mehr oder weniger subtile Aufrufe zu weiterer Gewalt waren auf der Seite zu lesen. So postet einer die Privatadresse von Reto Nause. Das sei zwar perfid, aber nicht strafbar, reagierte dieser relativ gelassen. Der Gemeinderat will prüfen, ob er bei Facebook Daten zum Urheber der Seite erhalten könnte, sagt Nause. Nur: «Unsere Hoffnung diesbezüglich ist gering.» Auch nach den Ausschreitungen am «Tanz dich frei» kam die Stadt auf diesem Weg nicht weiter. Von einer Anzeige gegen Facebook sah die Stadt damals auf Anraten eines Juristen ab.
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