Qualifikation zur Champions LeagueDie neue Ära beginnt für YB harzig
Die Young Boys kommen im ersten Spiel unter Trainer David Wagner bei Slovan Bratislava nicht über ein 0:0 hinaus. Vor dem Rückspiel nächsten Mittwoch in Bern bleibt viel zu tun.

Nein, die Darbietung kann David Wagner nicht gefallen. Und das zeigt der neue YB-Trainer nun auch. Am Mittwochabend in Bratislava laufen im Hinspiel der 2. Qualifikationsrunde zur Champions League die ersten Minuten der zweiten Halbzeit. Die Young Boys, die bis dahin den Gegner kontrollierten, werden eingeschnürt. Die Innenverteidiger Cédric Zesiger und Mohamed Camara können nach einer Hereingabe den Ball gerade noch vor der Torlinie klären. Dann verfehlt Aleksandar Cavric nach einem Eckball mit dem Kopf. Wagner gestikuliert, er schreit. Er ist sichtlich unzufrieden.
Und Wagner reagiert: Nach 55 Minuten bringt er Christian Fassnacht. Der Offensivspieler stiess mit der Schweiz an der EM bis in den Viertelfinal vor und kehrte deshalb erst am Freitag aus den Ferien zurück. Dass er so früh eingewechselt wird, ist Beleg seiner Klasse und seiner Stellung im Berner Team, aber es ist auch ein deutliches Zeichen, dass es YB nicht läuft.
Dabei sind die Young Boys als Favorit angetreten, gegen einen Club, der in der Slowakei zwar die dominante Kraft ist, aber nicht annähernd über die finanziellen Mittel von YB verfügt. Und den die Young Boys 2014 in der Gruppenphase der Europa League mit einem 3:1 und 5:0 vorführten.
Wagners kleine Überraschung
Vom damaligen Team ist bei YB nur David von Ballmoos übrig, er war 2014 der dritte Goalie, der bald an Winterthur ausgeliehen wurde, um Spielpraxis zu sammeln. Jetzt vertritt er den verletzten Fabian Lustenberger als Captain.
7 Jahre sind viel im Leben. Im Fussball, diesem schnelllebigen Geschäft, sind es noch viel mehr. YB hat nicht nur ein anderes Team, es ist auch ein anderer Club – ohne Verlierer-Blues, dafür mit Sportchef Christoph Spycher, der ab 2016 den Wandel zum Serienmeister einleitete. Und mit einem Trainer, der zuvor in der Premier League und der Bundesliga gewirkt hat. Vor 7 Jahren hätte ein solcher Name für die Anfrage der Berner nur ein müdes Lächeln übrig gehabt.
Beim ersten Pflichtspiel setzt der neue Trainer auf Bewährtes. Er stellt im 4-4-2 auf, dem System, das auch Seoane bevorzugte. Zur Überraschung taugt höchstens die Nomination von Meschack Elia am linken Flügel, er kam bis jetzt meistens im Zweiersturm zum Zug. Die Umstellung hat den Vorteil, dass es gleichzeitig Platz für ihn und Felix Mambimbi hat, zwei der vielversprechendsten YB-Spieler.
Auch Fassnacht bringt den Umschwung nicht
Wagner steht von Beginn an ganz vorne in der Coachingzone, er kann seinem Team ein paar Mal Applaus spenden, weil es gelingt, den Gegner unter Druck zu setzen und so den Ball zu erobern. Aber der 49-jährige Deutsche muss bald erkennen, dass es bei seiner Premiere ein hartes Stück Arbeit wird. Zwar sind nur 1000 Zuschauer im Narodny-Stadion zugelassen, diese jedoch sorgen für eine hitzige Stimmung. Als Ulisses Garcia früh den Gegner mit einem hohen Bein trifft, wird er von da an ausgebuht.
Die Berner müssen dem Gegner wenig zugestehen, gefährlich wird es vorerst nur einmal, als Camara einen langen Ball unterschätzt und von Ballmoos klären muss. Und sie agieren aufsässig und aggressiv, sie sind überlegen, aber auch harmlos. Die beste Chance in der ersten Halbzeit resultiert nach einem Freistoss von Michel Aebischer. Slovan-Goalie Adrian Chovan pariert spektakulär. Die Bilanz zur Pause: 3:0 Schüsse, 0:0 Tore – und viel Steigerungspotenzial.
Deshalb kommt bald nach der Pause Fassnacht. Aber auch er, der für den wirkungslosen Mambimbi eingewechselt wird und der an der EM als Joker den Schweizern entscheidende Impulse verleihen konnte, bringt den Umschwung nicht. Erst in der Nachspielzeit bieten sich den Young Boys noch zwei Chancen. Erst verstolpert Aebischer in aussichtsreicher Position, dann verfehlt der eingewechselte Marvin Spielmann von der Strafraumgrenze aus.
Es ist die letzte Szene, Wagners Premiere endet torlos. Das Heimteam wird von den Zuschauern gefeiert. Die neue Ära, sie hat für die Young Boys und den neuen Trainer harzig begonnen.
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