Die Mitte der Welt
Erich Langjahr begleitet in «Mein erster Berg» einen urchigen Rigi-Älpler zwischen naturverbundener Tradition und touristischer Erlebniskultur.
Dokumentarfilme über das bäuerliche Leben in der Schweiz haben Konjunktur und verzeichnen Zuschauerzahlen, von denen mancher Spielfilm-Regisseur träumt. Mit «Mein erster Berg – Ein Rigi Film» kommt nun ein Streifen vom Altmeister dieses Genres in die Kinos.
Auf der ersten Schweizer Landkarte, die Albrecht von Bonstetten 1480 veröffentlichte, markierte die Rigi die Mitte der Welt. Zentral war die «Königin der Berge» (mons regina) auch immer schon für den Filmemacher Erich Langjahr, der in Sichtweite davon im Kanton Zug aufwuchs. Als klassisches Schulreise- und prototypisches Tourismus- Ziel dürfte sie aber der erste Berg für viele sein, nicht nur für Schweizer.
Touristen kommen zwar in Langjahrs Film vor, sind aber nur das gelegentliche Kontrastprogramm zum Tun des urchigen Rigi-Älplers Märtel Schindler: Sie schlitteln johlend vorbei, wenn Schindler Bäume für den Bau seiner Blockhütte fällt oder fahren auf der Rigibahn, während Schindler bei Gleisarbeiten hilft.
Praktisch wortlos begleitet der Film den Bärtigen durch die Jahreszeiten: wenn dieser Pfähle einschlägt, sein Häuschen baut, Schnee fräst, den schmucklosen Alpaufzug empfängt und den für die Touristen aufgemotzten Alpabzug begleitet. Tradition und Moderne, Natur und Erlebniskultur, Arbeit und Freizeit existieren mal neben-, mal miteinander.
Swissness echt und gemacht
Hans Kennels moderner Alphorn-Sound nimmt diese Themen auf, indem er einerseits ebenfalls Alt und Neu verbindet und andererseits auf raffinierte Weise aus den Geräuschen - etwa dem Hämmern von Märtel und seinen Gehilfen - organisch herauswächst.
Ironisch umrahmt wird die Mischung aus gewachsener und gemachter «Swissness» von der Montage und dem Abbau der grössten Schweizer Fahne am Vitznauer Felsen, die seit 15 Jahren Tradition ist. Die Schweiz steht zu Beginn der Feriensaison auf und geht danach wieder zu Bett.
Doch das ist eigentlich schon zu viel der Interpretation. Weder verteufelt der Film die moderne Freizeitgesellschaft, noch idealisiert er das Urchige. Dafür lässt er dem Zuschauer viel Raum und Zeit zum Selberdenken und -fühlen.
Übung in Geduld
Fünf Jahre lang hat der Regisseur von Dokfilm-Klassikern wie «Bauernkrieg» (1998), «Hirtenreise ins dritte Jahrtausend» (2002) und «Das Erbe der Bergler» (2006) Bilder eingefangen und sie zu einem organischen Ganzen zusammengefügt
Auch der Film nimmt sich Zeit. «Mein erster Berg» ist eine musikalisch-optische Bildmeditation, die dem Zuschauer, der schnelle Schnitte gewohnt ist, zunächst Geduld abfordert, aber schon bald ungeheuer beruhigend wirkt.
SDA
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