Die löchrigen Russland-Sanktionen der EU
Die Schweiz nehme die Sanktionen gegen Russland zu wenig ernst, Bern wolle sich einen Vorteil für die Banken verschaffen. So tönt es derzeit aus Europa. Doch die EU gewährt ihren Mitgliedern grosszügige Ausnahmen.

Für die Russlandpolitik des Bundesrats hagelt es Kritik aus Europa. Mehrere deutsche Politiker forderten, dass sich Bern den EU-Sanktionen gegen Russland anschliesst. Der estnische Präsident Toomas Ilves warf dem Bund letzte Woche gar vor, er wolle der Schweiz «Vorteile im Bankensektor verschaffen». Ein Blick auf die Sanktionsverordnung der EU lege jedoch den gegenteiligen Schluss nahe, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Die EU gewähre ihren Mitgliedsstaaten bei den Sanktionen Ausnahmen, die sie andern Ländern versage, berichtet die Zeitung. Denn insbesondere im Finanzbereich sind die Sanktionen der EU so löchrig, dass Umgehungsgeschäfte via Schweiz – die der Bundesrat unterbinden will – kaum sinnvoll sind.
Russische Banken dürfen weiter geschäften
So dürfen die Filialen russischer Banken im EU-Raum weiterhin Geschäfte treiben. Die Zweigstellen der gleichen Banken in Drittstaaten, also auch in der Schweiz, sind hingegen den Sanktionen der EU unterworfen. Für einen EU-Bürger entfällt demnach die Notwendigkeit, den Umweg über die Schweiz zu nehmen.
Strenger als die EU ist der Bund auch bei den Waffenexporten. Während Bern jeglichen Rüstungsexport nach Russland und in die Ukraine verbietet, hat die EU in der Sanktionsverordnung eine Ausnahmeregelung verankert – damit das wirtschaftlich gebeutelte Frankreich doch noch zwei Helikopterträger nach Russland liefern kann.
Export via Schweiz
Nicht nur die europäischen Politiker versuchen die Sanktionen zu umgehen, sondern auch die Wirtschaft in den EU-Ländern versucht sich ein Türchen nach Russland aufzuhalten. Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens hat der russische Präsident Wladimir Putin vor zehn Tagen ein Importverbot von Lebensmitteln gegen die EU und die USA erlassen.
Die Schweiz, welche die Sanktionen gegen Russland nicht voll übernimmt, ist vom Boykott ausgenommen. Das wollen sich findige EU-Händler zunutze machen: «Wir hatten Anfragen aus dem EU-Raum, ob es möglich wäre, Ware via die Schweiz nach Russland zu exportieren», sagt Erich Stadler von der Bardini+Keller AG, einem Grosshandelsunternehmen für Früchte und Gemüse in Gossau SG.
Auch bei Käsehändlern sind solche Anfragen eingegangen. Doch Russland akzeptiert nur Waren mit Ursprungszeugnissen von Ländern, die vom Embargo nicht betroffen sind. Darum wollen Exporteure aus der EU Schweizer Produkte kaufen, um doch ihre russischen Kunden beliefern zu können. Andererseits steigt die Nachfrage aus Russland selbst: Käsehändler Daniel Dätwyler aus Beromünster LU verzeichnete seit letzter Woche 20 Anfragen, Gemüsehändler Stadler hat bereits einen Sattelschlepper mit Salat nach Russland geschickt. Auch andere Händler erhielten Anrufe aus Moskau.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch