Die letzte Bastion der Alten fällt
Nach dem Nationalrat erobern die Jungpolitiker jetzt auch den Ständerat. Nie in den letzten 50 Jahren schafften es mehr unter 40-Jährige in die kleine Kammer.

Der Ständerat als Krönung einer langen Politkarriere? Ergraute Häupter, die in der Chambre de Réflexion gepflegt über die Geschicke des Landes beraten? Das war einmal!
In der neuen Legislatur ziehen mehr Jungpolitiker in die kleine Kammer ein als je zuvor in den letzten 50 Jahren. Noch um die Jahrtausendwende war kein einziges Ständeratsmitglied unter 40 Jahre alt. Seit den jüngsten Wahlen sind es sechs. Das klingt in absoluten Zahlen nach wenig, ist im 46-köpfigen Stöckli aber eine kleine Revolution. Die U-40-Quote erreicht damit 13 Prozent, den mit Abstand höchsten Wert seit 1971, wie aus bisher nicht beachteten Daten der Parlamentsdienste hervorgeht. Weiter zurück reichen die verfügbaren Statistiken nicht.
Traditionellerweise gab es zwei Königswege in den Ständerat: Entweder waren seine Mitglieder zuvor Regierungsrat. Oder sie hatten ihre Sporen im Nationalrat abverdient. Doch diese Gesetzmässigkeiten haben sich in diesen Ständeratswahlen aufgelöst.

Zwar wurden schon früher sporadisch junge Ständeräte gewählt. So schaffte etwa der heutige Bundesrat Alain Berset 2003 die Wahl als 31-Jähriger. Auch die beiden Freisinnigen Damian Müller (Luzern) oder Andrea Caroni (Appenzell Ausserrhoden) waren erst 31- beziehungsweise 35-jährig, als sie vor vier Jahren in den Ständerat einzogen.
Ältere Ratsmitglieder entthront
Neu in diesen Wahlen ist jetzt aber, dass U-40-Politiker reihenweise ältere Favoriten ausgebootet haben. In Freiburg bugsierte die 31-jährige Freisinnige Johanna Gapany den 62-jährigen Bisherigen Beat Vonlanthen (CVP) aus dem Amt. In Glarus verdrängte der 35-jährige Grüne Mathias Zopfi den 58-jährigen Werner Hösli (SVP). In Neuenburg holte die 35-jährige Grüne Céline Vara einen Sitz, auf den zuvor die SP abonniert war. In Genf schlug die 31-jährige Grüne Lisa Mazzone den 50-jährigen Freisinnigen Hugues Hiltpold.
Auffallend ist, dass alle sechs U-40-Ständeräte bloss zwei Parteien angehören: Gapany, Caroni und Müller sind Freisinnige; Zopfi, Vara und Mazzone sind Grüne.
War die Wahl von sechs U-40-Politikern bloss ein statistischer Ausreisser?
Die neuen U-40-Politiker drücken auch das Durchschnittsalter im Ständerat von bisher rund 56 auf neu 54,8 Jahre. Diese Daten liefert das Bundesamt für Statistik auf Anfrage dieser Zeitung. Es ist das tiefste Durchschnittsalter im 21. Jahrhundert.
Dass das Durchschnittsalter nicht stärker absinkt, liegt daran, dass in der nächsthöheren Altersklasse – den 40- bis 50-jährigen – nur zwei Ständeräte anzutreffen sind. Die übrigen 38 Ratsmitglieder sind über 50 Jahre alt. Sie alle müssen sich jetzt aber fragen: War die Wahl von sechs U-40-Politikern bloss ein statistischer Ausreisser? Oder müssen bei den nächsten Wahlen weitere Ratsmitglieder um ihr Amt zittern? Vollzieht der Ständerat jetzt eine Entwicklung nach, die im Nationalrat schon seit gut 15 Jahren im Gange ist?
Früher waren es 20 von 200
In der grossen Kammer gab es zwar schon immer etwas mehr U-40-Politiker als im Ständerat. Bis zur Jahrtausendwende gehörten aber meist weniger als 20 der 200 Nationalratsmitglieder in diese Alterskategorie. Seit 2003 hat sich diese Quote stetig und stark erhöht. Am 20. Oktober wurden bereits 43 unter 40-jährige Nationalräte gewählt – auch das ein neuer Höchststand seit 1971.

Der älteste Ständerat ist ab der neuen Legislatur übrigens der 67-jährige SP-Vertreter Hans Stöckli (BE), gefolgt von seinem wenige Monate jüngeren Parteikollegen Paul Rechsteiner (SG). Rechsteiner ist gleichzeitig auch der amtsälteste Parlamentarier überhaupt: Als er 1986 erstmals ins eidgenössische Parlament gewählt wurde, waren seine neuen Ratskolleginnen Johanna Gapany und Lisa Mazzone noch nicht einmal geboren.
Anmerkung: In einer ersten Version des Artikels wurde irrtümlicherweise Paul Rechsteiner als ältestes Ständeratsmitglied bezeichnet.
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