Die Leibpferde des osmanischen Sultans
«Nun wollte ich vor allem die Stallungen des Sultan sehen, dazu musste man Bewilligung haben, vom Consulat und vom Oberhofmeister auch. Ich meldete mich beim Oberstallmeister, es war ein deutscher, hochnasiger Graf so und so, der machte mir wenig Hoffnung, es sei mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Zu Mittag sagte mir der Wirt, er kenne den Oberbereiter gut, ein Ungar, und gab mir seine Adresse. () Er empfing mich sehr freundlich, begleitete mich zum Hauptportal, wo zwei Schildwachen standen. () Einmal drin im Hof, war alles gut und er zeigte mir schnell die Leibpferde vom Sultan, prächtige Traber, meistens Schimmel. Dann liess er mich allein gehen. Ich besichtigte die Wagenpferde, meistens ungarische, die Burschen lagen im Stroh, lauter Rumänen. Dann besichtigte ich das Waffenmuseum, ganz grossartig schön. Dann den Wildpark, was Schöneres kann man sich nicht denken, die prächtigen Hirsche, alle Sorten Wild und Geflügel, der schöne Teich. Plötzlich hörte ich Trompetensignale zum Zeichen, dass der Sultan in die Moschee fährt.» Diese orientalisch-exotische Szene liest sich wie aus einem Roman von Karl May oder John Buchan, ist jedoch Teil der Lebenserinnerungen aus der Feder des Burgdorfer Pferdehändlers, Dresseurs und Reitlehrers Armin Meyer, der von 1853 bis 1919 lebte. Seine berufliche Tätigkeit führte ihn unter anderem in den Balkan und auch nach Istanbul, das damals noch die Metropole des Osmanischen Reiches war. Hier konnte Meyer dank Beziehungen die Pferde des Sultans besichtigen. Nachdem der erste Teil seiner Memoiren im Burgdorfer Jahrbuch 2010 publiziert worden ist, folgt im soeben erschienenen Jahrbuch 2011 nun der zweite Teil. Die abenteuerlichen und bunten Schilderungen passen bestens ins Konzept des neuen Jahrbuchs, dessen Schwerpunkt diesmal bei den internationalen Vernetzungen von Burgdorf liegt. So enthält es nebst Meyers Erinnerungen auch das Reisetagebuch der Zahnarztgehilfin Hulda Ott, die 1922 zusammen mit zwei Freundinnen Deutschland besuchte. Weiter erfährt die Leserschaft Interessantes über den vor 70 Jahren erfolgten Briefwechsel zwischen der Emmentalerin Heidi Locher und der Estländerin Ilse Tõnisson sowie über das Wirken des in Burgdorf aufgewachsenen Botschafters Kurt O.Wyss. Weitere Beiträge, zum Beispiel ein Bericht über die heimische Goldschmiededynastie Neukomm oder ein Artikel über den Bau des Gyrisbergtunnels, runden das Burgdorfer Jahrbuch 2011 ab. Zeitgleich mit dessen Erscheinen wurde eine weitere Neuerung lanciert: Seit kurzem sind alle früheren Ausgaben im Internetangebot der Uni-Bibliothek Bern aufgeschaltet.heb Burgdorfer Jahrbuch 2011 280 Seiten, erhältlich im Buchhandel, ISBN 978-3-9523481-1-6 www.burgdorf.ch/jahrbuch.html www.digibern.ch >
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch