Die Irren vom Balkon
Die ungebetenen Gäste auf dem Balkon unserer Autorin werden immer verrückter.
Meine Mitbewohnerinnen werden immer aggressiver. Dabei war das Zusammenleben früher so einfach – sie nutzten ihren Teil des Balkons, ich meinen. In einer geraden Schneise zielten sie zu ihrer Ecke, während ich wenige Meter daneben meinen Kaffee trank. Natürlich, wenn ich Wäsche aufhängte, blickte mir ab und zu eine scharf ins Auge. Doch grundsätzlich verstanden wir uns gut.
Aber nun werden sie jeden Tag verrückter. Irren über den Balkon, schlüpfen überall rein und meinen, ihnen gehöre alles. Die Konfitüre, das Kotelett und sogar mein Kaffee. Doch wenn ich jammere, lacht mein Nachbar nur. Schliesslich hatte er mich davor gewarnt. Es gebe Mittel, hatte er gesagt, die spritzt man abends ins Nest – und morgens ist Ruhe. Verlockend. Doch ich brachte es nicht übers Herz.
Wespen. Lästige Viecher. Aber eigentlich haben sie mir nie etwas zuleide getan. Noch nie hat mich eine gestochen – abgesehen von dieser riesigen roten in Texas. Die hatte aber allen Grund dazu. Ich würde mich auch wehren, wenn jemand einen Basketball von der Grösse eines Mehrfamilienhauses auf meinen Rastplatz werfen würde.
Wespen. Irgendwie sind sie auch verwandte Seelen. Die Erde freut sich bestimmt auch nicht sonderlich, dass wir Menschen da sind. Vielleicht hat sie uns auch einst aus purer Gutmütigkeit wursteln lassen. Und nun schaut sie uns beim Rum-irren zu und wartet, bis sich das Problem demnächst von selbst löst.
So mache ich das mit meinen Mitbewohnerinnen jetzt auch.
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