Die fünf FCZ-Baustellen
Vordergründig scheint die Welt für den FC Zürich in Ordnung, ein genauerer Blick aber offenbart Mängel. Am Donnerstag spielt der Cupsieger in der Europa League gegen Ludogorets Razgrad.

Ein Viertel der Saison ist um, und dem FCZ läufts. Die Mannschaft ist kaum zu bezwingen, sie hat wenige Tore bekommen und macht als Zweiter der Ligatabelle eine gute Figur. Sie hat ihr erstes Spiel der Europa League gewonnen und kann im Cup noch immer ihren Titel verteidigen. Liest sich auf Papier also bestens, und doch: Euphorie spürt man wenig im Clubumfeld, im Gegenteil, es wird eher geklönt. Fans stöhnen über zähe Matches, die Spieler finden nach den Partien in ihren Analysen stets ein Aber. Es sind ehrliche Aber, die auf Mängel hinweisen. Und tatsächlich, den FCZ plagen kleinere und grössere Baustellen.
Baustelle 1: Die Spielweise
Das Offensivspiel des FC Zürich sieht in diesen Tagen aus wie eine verrutschte Krawatte. Das nötige Material, so scheint es, wäre vorhanden, doch irgendetwas ist da vorne nicht am rechten Platz – dieses Etwas trübt das ganze Bild.
Trainer Ludovic Magnin ist im Februar angetreten, um die Mannschaft zu erneuern, er hat Spektakel und Spielkultur versprochen. Auf die Frage nach den Fortschritten der vergangenen Monate beginnt der Trainer zu schwärmen. Magnin ist begeistert von seiner Mannschaft, er erfreut sich an der Organisation, an der Mentalität, an der Raumaufteilung. Worüber er nicht spricht: das Spiel auf den letzten 30 Metern. «Das ist tatsächlich kein Hurra-Fussball», sagt er. Man könnte auch sagen, das erinnert in Ansätzen an Uli-Forte-Fussball. Vorsichtig, abwartend, unspektakulär.
Für Magnin ist es eine Frage der Zeit, bis seine Ideen greifen. Er erzählt davon, dass meist noch der letzte Pass fehle, oftmals noch die falschen Entscheide gefällt würden. Er ist voller Hoffnung, dass das bald ändere, und ja, das wirkt ansteckend. Bleibt aber die Frage: Welchen Wert hat das «bald» in Zeiteinheiten? Tage? Wochen? Monate?
Baustelle 2: Das Toreschiessen
Stephen Odey ist ein armer Mensch. Er war froh darüber, als er nach den Abgängen von Dwamena und Frey mit Assan Ceesay einen neuen Kollegen bekam, er sagte damals: «Ist man der einzige Stürmer in einem Team, hat man auch ständig diesen immensen Druck.» Nun ist Ceesay verletzt und Odey wieder alleine, und der Druck erneut: immens. Denn Odey hat mitbekommen, dass seine Mannschaft in den ersten neun Ligaspielen erst acht Tore geschossen hat.
Doch das Stottern im Angriff an ihm festzumachen, täte dem Nigerianer unrecht. Erstens ist die Ausbeute auf Standards stark ausbaufähig, die Eckbälle sind weitgehend ungefährlich, von den acht Meisterschaftstoren fiel bisher keines auf einen ruhenden Ball. Zweitens machen Odeys Kollegen in der Vorwärtsbewegung oft schlecht mit – auch weil sich die zentralen Mittelfeldspieler Kryeziu und Palsson im Rückwärtsgang wohler fühlen als in jenem nach vorne.
Das verrät auch ein Blick auf Trainer Magnin. Der rumpelstilzelt während der Spiele an der Seite auf und ab. Wieder und wieder ruft er seinen Spielern «raus! raus!» zu, so lange, bis ihn seine Stimme verlässt. Am liebsten würde er auf das Feld rennen und die Verteidiger und Mittelfeldspieler wie ein Kameltreiber nach vorne jagen. Darf er aber nicht, seine Bewegungsfreiheit endet einen Meter vor der Spielfeldlinie, dem Ende seiner Coachingzone.
Baustelle 3: Marco Schönbächler
Teil der Offensive wäre auch Marco Schönbächler. Er ist gerade im Wartezimmer des Fussballers eingesperrt: der Ersatzbank. Sein letzter Einsatz war vor fünf Wochen in Lugano, beim Spiel gegen Xamax wurde ihm Roberto Rodriguez vorgezogen. Ist da etwas geschehen? Trainer Magnin schüttelt den Kopf. Schönbächler brauche einfach Geduld, dann komme das gut. Der 28-Jährige leidet noch immer an den Folgen seiner langen Verletzungen. Er zögert oft und hat Respekt vor Zweikämpfen. Also hat Schönbächler reagiert. Er geht regelmässig zu einem Mentaltrainer und hat neuerdings mit Boxen begonnen. Es soll ihm die Angst nehmen.
Baustelle 4: Die Jungen
Im März spielte der FC Zürich gegen Sion, auf dem Platz standen acht beim FCZ ausgebildete Spieler, darunter mit Kryeziu, Rüegg, Rohner, Aliu, Domgjoni fünf Akteure 21 oder jünger. Letzte Woche spielte der FCZ wieder gegen Sion. Auf dem Platz: drei Eigengewächse, unter ihnen Rüegg und Domgjoni. Etwas ist geschehen, das Magnin missfällt.
Einerseits sind Aliu und Rohner verletzt ausgefallen, andererseits haben sich die anderen Jungen nicht wie erhofft entwickelt. «Ich bin unzufrieden», sagt Magnin. Der Einsatz in der U-21 war nicht immer genügend, namentlich beim Sommertransfer Guenouche. Kommt hinzu, dass Magnin Talente wie Haile-Selassie im Sommer ausleihen wollte. Was dieser ablehnte. «Wir müssen künftig den Jungen zeigen können, dass auch dieser Weg ein guter ist.» Doch Magnin ist zögerlicher geworden, wenn es darum geht, Talente einzusetzen: «Manchmal muss auch ich auf die Tabelle schauen.»
Baustelle 5: Ludogorets Razgrad
Im Optimalfall dauert diese Baustelle bis heute Abend um 21 Uhr, dann ist sie erfolgreich abgearbeitet, und der FCZ führt die Gruppe A mit sechs Punkten an. «Es gibt keinen Favoriten», sagt Hekuran Kryeziu über den Gegner. Magnin muss umstellen, Pa Modou fehlt gesperrt, seit Tagen überlegt er sich, ob er in der Defensive von einer Vierer- auf eine Dreierkette wechseln soll. Das Ziel ist klar: mit einem Sieg eine mögliche Vorentscheidung in der Gruppe zu schaffen.
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