
Foto: Anthony Anex (Keystone)
Selten ist die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) derart im Gegenwind gestanden wie dieser Tage. Am Freitag veröffentlichte sie ihren Bericht zu den finanziellen Risiken beim geplanten Kauf des neuen US-Tarnkappen-Jets F-35. Der vom Bundesrat stets betonte und gerühmte Festpreis für die Flieger sei nicht garantiert, so der Befund der EFK. Zudem habe das Verteidigungsdepartement die Betriebskosten des amerikanischen Fliegers mutmasslich zu tief geschätzt.
Bürgerliche verteufelten ob dieses Befundes den EFK-Bericht und deren Chef in Bausch und Bogen. EFK-Chef Michel Huissoud sei in jungen Jahren ein Anarchist gewesen, sagte der Schaffhauser SVP-Nationalrat Thomas Hurter. Er kündigte an, einen Vorstoss für die Privatisierung der EFK einzureichen. Auch Mitte-Nationalrat Alois Gmür oder GLP-Nationalrat Roland Fischer brachten ihr Unverständnis über den EFK-Befund medial zum Ausdruck. Kurz: Statt den Zweifeln der Finanzkontrolle inhaltlich zu begegnen, möchte zumindest ein Teil der Kampfjet-Befürworter die Behörde schwächen.
Die EFK nimmt bei ihrer Arbeit keine parteipolitischen Rücksichten.
Dass die Finanzkontrolle offensichtlich gute Arbeit leistet, ist allein schon am Ausmass der Unzufriedenheit innerhalb der praktisch gesamten Bundesverwaltung festzustellen. Kaum jemand, der sich mit Huissouds Kontrolleurinnen und Kontrolleuren schon einmal konfrontiert sah und danach nicht davon überzeugt war, dass die EFK-Leute überheblich seien und von der Sache wenig verstünden. Wären alle mit den Berichten der EFK zufrieden, wäre das der Beleg dafür, dass sie in ihrem Job versagt.
Die EFK nimmt bei ihrer Arbeit keine parteipolitischen Rücksichten. Unlängst zog Huissoud etwa den Ärger des Bundesamts für Kommunikation im Departement von Simonetta Sommaruga (SP) auf sich, weil die EFK belegte, dass dieses die Kosten bei der SRG nicht in Bezug auf den Konzessionsauftrag kontrolliere.
Und keine drei Wochen ist es her, dass dieselbe EFK die linken Gewerkschaften und das Departement von Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) in Rage versetzte. Die Finanzkontrolleure hatten die Ineffizienz der Baustellenkontrollen aufgezeigt, die der Einhaltung des Lohnschutzes dienen sollen.
Die Liste lässt sich auf gegen fünfzig Berichte verlängern, die die hundert Kontrolleurinnen und Kontrolleure jährlich abliefern. Darum ist der Ärger über die EFK unter den knapp 40’000 Angestellten des Bundes nicht erst seit dem kritischen Bericht über die F-35 derart gross. Nun könnte dieser Ärger, wie Hurter mit seinem Vorstoss wohl hofft, auf das gesetzgebende Parlament überschwappen.
Die Finanzkontrolle stellt sicher, dass der Staat mit den Franken der Steuerzahlenden sorgfältig umgeht.
Der Auftrag der Finanzkontrolle fusst auf einem Bundesgesetz. Dieses könnte von einer erbosten bürgerlichen Parlamentsmehrheit tatsächlich relativ einfach abgeschwächt werden – und zwar so, dass die Finanzkontrolle ihre Zähne verliert.
Das aber ist nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, als deren Fürsprecherin die Finanzkontrolle letztlich agiert. Sie macht mit ihren Kontrollen nichts anderes, als sicherzustellen, dass der Staat mit den Franken der Steuerzahlenden sorgfältig umgeht.
Wer die EFK schwächen will, tötet – wie in der Bibel der spätere König David – den Überbringer der schlechten Botschaft. Politisch angebracht ist das Gegenteil: Die EFK ist politisch zu stärken. Statt wie heute nur im Gesetz müssten die Aufgaben der Finanzkontrolle in der Bundesverfassung verankert werden. Damit stünde sie nicht mehr ständig in der Gefahr, von einer verärgerten Parlamentsmehrheit in National- und Ständerat geschwächt zu werden.
Bei der aktuellen EFK-Kritik an den Kosten des F-35-Kampfjets bietet sich bürgerlichen Armeepolitikern sowieso eine ganz einfache Massnahme an: Die Sicherheitspolitischen Kommissionen sowie die Geschäftsprüfungskommissionen sollen sich von Viola Amherd die Verträge mit den USA vorlegen lassen. Dann zeigt sich, wer recht hat: das VBS und die bürgerliche Mehrheit, die die F-35 um jeden Preis wollen, oder die EFK, die vor einem möglichen Finanzdebakel warnt.
Wer recht hat, wird in einigen Jahren sowieso ans Licht kommen, wenn die Rechnungen für die F-35 zu bezahlen sind.
Korrektur vom 14.2.2022: In einer früheren Version wurde Beat Flach anstelle Roland Fischers genannt, was aber falsch ist. Flach hat sich bisher nicht zum EFK-Bericht geäussert.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Analyse zum Untersuchungsbericht zur F-35 – Die Finanzkontrolle ist zu stärken,
nicht zu schwächen
Statt die Kritik am F-35-Milliardendeal ernst zu nehmen, schiessen sich die Kampfjet-Befürworter auf den Überbringer der schlechten Nachricht ein.