Die EU stellt sich hinter griechischen «Schild»
Spitzenpolitiker haben sich bei einem Besuch in Griechenland mit dem Vorgehen der Sicherheitskräfte ausdrücklich solidarisiert.

Die Inszenierung war perfekt. Sorgenvolle Blicke von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen aus dem Helikopter nahe der Grenze, per Kurznachrichtendienst Twitter geliefert. Geschlossener Aufmarsch der EU-Spitze bei der Vorortbesichtigung, die Herren leger gekleidet. Zum Abschluss die gemeinsame Pressekonferenz unter der Ägide des griechischen Regierungschefs Kyriakos Mitsotakis. Und der gab gleich den Ton vor.
Was sich an der Grenze abspiele, sei kein Flüchtlingsproblem, sagte Mitsotakis. Sondern ein offener Versuch der Türkei, ihre «geopolitische Agenda» durchzusetzen und von der «schrecklichen Lage» in Syrien abzulenken. Tatsächlich ist die Türkei inzwischen tief in den Syrienkonflikt verstrickt. Es sei seine Pflicht, die Souveränität Griechenlands zu verteidigen, sagte Mitsotakis. Die griechischen Sicherheitskräfte leisteten dabei auch Europa einen Dienst, schützten eine Aussengrenze.
Hilfe für Athen
Die Polizei hatte die Grenze zuletzt mit Blendgranaten und Tränengas gegen den Ansturm gesichert. Ursula von der Leyen äusserte zwar Mitgefühl für die Migranten, kritisierte aber gleichzeitig die Türkei, Menschen wie Schachfiguren zu benutzen. Wer die Einheit der EU testen wolle, werde sich enttäuscht sehen. Griechenland sei Europas «Schild». Die Kommissionschefin stellte der Regierung in Athen zusätzliche finanzielle Unterstützung in Aussicht. Auch die EU-Grenzagentur Frontex soll mit mehr Flugzeugen und Personal helfen. Heute sollen in Brüssel die EU-Innenminister zu einem Sondertreffen zusammenkommen.
Von der Leyen war in Begleitung von EU-Ratspräsident Charles Michel, EU-Parlamentspräsident David Sassoli und Kroatiens Regierungschef Andrej Plenkovic angereist, dessen Land derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat. Gastgeber Kyriakos Mitsotakis begrüsste die Präsenz der EU-Spitze als klares Zeichen der Solidarität. Die Migranten an der Grenze lebten zum Teil seit Jahren sicher in der Türkei, betonte der griechische Regierungschef. Und sprach von Videobeweisen, wonach die türkischen Behörden selber die Menschen mit Bussen Richtung EU-Aussengrenze transportiert haben sollen.
Tatsächlich droht Erdogan schon länger öffentlich damit, Hunderttausende Richtung EU zu schicken. Dies, obwohl die Türkei sich 2016 im sogenannten Flüchtlingsdeal verpflichtet hat, ihre Grenzen Richtung EU zu kontrollieren und Schleppern das Handwerk zu legen. Das Abkommen zwischen Brüssel und Ankara sorgte dafür, dass nach dem Höhepunkt von 2015 die Flüchtlingszahlen dramatisch zurückgingen.
Die Türkei hinderte die Schlepperboote mit den Migranten daran, von der Küste in Richtung griechische Inseln abzulegen. Im Gegenzug hat die EU der Türkei sechs Milliarden Euro zugesagt. Ein guter Teil des Geldes ist bereits geflossen. Einerseits direkt in den Lebensunterhalt der rund 3,5 Millionen Syrer, die seit dem Ausbruch des Krieges in ihrer Heimat in der Türkei Zuflucht gefunden haben. Zudem über regierungsunabhängige Organisationen, die damit Gesundheitsvorsorge und Schulen für Flüchtlingskinder finanzieren.
Erdogan will mehr Geld
Die Mittel sind bald aufgebraucht. Gespräche über eine Anschlussfinanzierung kommen jedoch nicht so richtig voran. Zum Teil, weil die Führung in Ankara für die Europäer inakzeptable Forderungen stellt. So möchte Erdogan, dass die Gelder künftig direkt in den türkischen Haushalt fliessen. Der Präsident will zudem Mittel für die Ansiedlung von Flüchtlingen in einer sogenannten Sicherheitszone in Syrien, die von den türkischen Streitkräften kontrolliert wird.
Die Ereignisse an der türkisch-griechischen Grenze werden in Brüssel als Versuch Erdogans gewertet, Druck für vorteilhaftere Konditionen in einem neuen Flüchtlingsdeal zu machen und die Europäer zu einer finanziellen Unterstützung der türkischen Umsiedlungspläne in Syrien zu bewegen. Man sei bereit, der Türkei mit den Flüchtlingen und bei der Suche nach einem Ausweg in Syrien zu helfen, aber nicht unter diesen Umständen, betonte der griechische Premier Mitsotakis. Die EU werde sich aber von der Türkei nicht erpressen lassen.
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