Die EU-Defizitsünder kommen um Strafe herum
Sieben krisengeschüttelte EU-Länder bekommen länger Zeit zum Sparen. Dies haben die Finanzminister in Luxemburg entschieden. Auch die Schweizer Finanzdienstleister waren bei dem Treffen ein Thema..

Defizitsünder wie Frankreich oder Spanien kommen um drohende Milliarden-Strafen der EU herum. Die EU-Finanzminister haben am Freitag beschlossen, sieben Mitgliedsländern wegen der schweren Wirtschaftskrise mehr Zeit zum Sparen zu geben.
Frankreich, Slowenien, Spanien und Polen bekommen zwei zusätzliche Jahre, um die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung wieder einzuhalten. Die Niederlande, Portugal und Belgien erhalten ein Jahr Aufschub.
Die EU schloss auch Defizitstrafverfahren, die gegen Italien sowie Lettland, Litauen, Ungarn und Rumänien liefen. Es sind zurzeit noch 16 von 27 EU-Staaten, gegen die ein solches Strafverfahren läuft.
Die kürzlich publizierten Empfehlungen der EU-Kommission für mehr Wachstum und Jobs zuhanden der EU-Mitgliedstaaten gaben Anlass zu Diskussionen bei Ministertreffen. Ungarn etwa will sich nicht vorschreiben lassen, eine unabhängige Justiz zu gewährleisten. Frankreich seinerseits wehrt sich gegen detaillierte Reform-Vorschriften der Kommission.
Sorge um Griechenland
Die Ressortchefs verfolgten ausserdem mit grosser Sorge den Bruch der Koalition in Griechenland.Die seit Wochenbeginn unterbrochene Überprüfungsmission müsse im Juli abgeschlossen werden könne, um Finanzierungsprobleme zu vermeiden, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn.
Denn ohne Zustimmung der Kontrolleure können keine neuen Milliardenhilfen aus dem Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber fliessen. Gut sieht es hingegen für Portugal und Irland aus: Die Minister hiessen die Verlängerung der Laufzeiten für deren Kredite gut.
Ausserdem sprachen sich sie für eine Teilnahme Lettlands ab 1. Januar 2014 am Euroraum aus. Die formelle Zustimmung soll im Juli erfolgen.
Schweiz am Rande des Treffens ein Thema
Die EU-Kommission erhielt am Freitag von den Finanzministern grünes Licht, um mit der Schweiz einen Dialog über die kritisierten Unternehmenssteuer-Regime zu führen. Da sich die Ressortchefs jedoch erst in letzter Minute einigen konnten, muss der Entscheid noch formal abgesegnet werden.
EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta zeigte sich erfreut über das OK der Minister. Mit Blick auf das Zinsbesteuerungsabkommen, das er zuvor angesprochen hatte, sagte Semeta, nun könne ein «intensiver Dialog mit der Schweiz über Steuerthemen geführt werden. Der EU-Steuerkommissar informierte die Minister ausserdem über die Pläne der Kommission, den automatische Informationsaustausch über alle Steuerdaten auszudehnen. Beschlüsse dazu gab es keine.
Revision MiFID II
Für die Schweizer Finanzdienstleister von Bedeutung ist auch das von den EU-Finanzministern durchgewunkene Gesetzespaket zur Revision bestehender rechtlicher Grundlagen «über Märkte für Finanzinstrumente» (MiFID II).
Stein des Anstosses ist die darin festgeschriebene Drittstaaten-Regelung. Denn die EU-Mitgliedstaaten wollen, dass künftig ausländische Finanzdienstleister, die in einem EU-Land aktiv Kleinanleger betreuen, dort auch eine Zweigstelle einrichten müssen. Die Bewilligung erhielten sie von den nationalen Behörden.
Demgegenüber steht der Vorschlag der EU-Kommission, dem sich auch das EU-Parlament weitgehende angeschlossen hat. Hierbei würde eine Zweigstelle in einem EU-Land für die ganze EU reichen. Hingegen müssten die Kontrollen im Sitzland durch die EU als gleichwertig anerkannt werden.
Lange Diskussionen zu Bankenabwicklung erwartet
Mit der Diskussion über das umstrittenste Thema, EU-weit geltenden Regeln zur Sanierung und Abwicklung von Banken, haben die EU-Finanzminister als letztes begonnen. «Mittsommer ist der längste Tag des Jahres, also haben wir genug Zeit eine Lösung zu finden», witzelte Rehn.
Die neuen Regeln sind ein Kernstück der geplanten Bankenunion. Dank deren soll die Sanierung und Abwicklung von Banken künftig nicht mehr auf Kosten der Steuerzahlen gehen.
Neu sollen Aktionäre und Gläubiger von Krisenbanken in die Pflicht genommen werden. Ausserdem werden nationale Abwicklungsfonds eingerichtet und ein Instrument zur Verlustausgleichskapazität - eine Art Geld-Puffer installiert.
Unter den Mitgliedstaaten strittig ist nun, wie stark Gläubigern und Einlegern sowie der Abwicklungsfonds im Fall einer Pleite einbezogen werden sollen. Umstritten sind auch Sonderwünsche einzelner Staaten etwa von Grossbritannien oder Schweden.
SDA/wid
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