Berner Energiekonzern spartDie BKW zahlt massiv weniger fürs Solarstrom-Label
Wer Solarstrom ins Netz einspeist, erhält vom Energiekonzern nur noch eine kleine Umweltprämie. Aber für Konsumierende bleiben die Ökostromtarife unverändert hoch.

Mit einer Solaranlage Geld verdienen: Die Aussicht auf ein Geschäft mit Sonnenenergie hat sich nach düsteren Jahren wieder aufgeheitert: Die Marktpreise für Strom sind 2021 deutlich gestiegen.
Doch es gibt eine Schattenseite. Der Berner Energiekonzern BKW stutzt die Prämie für den Herkunftsnachweis: Das ist das Zertifikat dafür, dass der Strom ökologisch mit einer Solaranlage produziert wird. Statt wie bisher 4,5 Rappen pro Kilowattstunde gewährt die BKW ab Anfang 2022 nur noch 1 Rappen.
Betroffen sind rund 11’000 Solarstromproduzierende im Versorgungsgebiet der BKW, von denen sie aktuell 6500 das Herkunftslabel vergütet. Wie begründet das Unternehmen die massive Senkung um 78 Prozent? Mit den Herkunftsnachweisen habe die BKW in den vergangenen Jahren den tiefen Marktwert von Strom ein Stück weit kompensiert. Das sei nun wegen der stark gestiegenen Strommarktpreise nicht mehr notwendig, findet der von Suzanne Thoma geführte Konzern.
Solaranlagen begannen zu rentieren
Diese Vergütung wird quartalsweise dem Marktpreis angepasst. Seit Ende 2020 habe sich die Vergütung der BKW für eingespeisten Solarstrom mehr als verdoppelt: von rund 4,6 auf 10,3 Rappen pro Kilowattstunde. Hinzu kamen bislang fix 4,5 Rappen für die Herkunftsnachweise. Total waren es also zuletzt fast 15 Rappen.
Solarstrom nicht nur selbst zu verbrauchen, sondern auch ins Netz einzuspeisen, wurde damit rentabel: Nach Branchenangaben lässt sich Solarstrom heute je nach Grösse der Anlage sowie dem Eigenverbrauch ab 8 bis 12 Rappen pro Kilowattstunde wirtschaftlich betreiben.
«Die BKW macht so weiterhin Gewinn auf dem Buckel der Betreibenden von Solaranlagen.»
Die massive Abwertung der Herkunftsnachweise sei trotzdem nicht gerechtfertigt, kritisiert Grossrat Beat Kohler (Grüne, Meiringen). Denn die BKW verkauft den Solarstrom den Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung weiterhin für rund 12 Rappen. Das Unternehmen erziele so weiterhin Gewinn auf dem Buckel der Anlagenbetreibenden, sagt Kohler.
Er erinnert daran, dass die Solaranlagenbetreiber 2020 vom Berner Monopolisten im Schnitt nur rund 7,7 Rappen inklusive Herkunftsnachweise erhielten. In den beiden vorangegangenen Jahren waren es rund 10 Rappen, wie die Branchenplattform pvtarif.ch zusammengetragen hat.
Die Differenz zum Verkaufstarif von 12 Rappen habe die BKW abgeschöpft, sagt Kohler. Und jetzt, da der Vorteil für einen Moment bei den Anlagebetreibenden liege, senke die BKW den Herkunftsnachweis, um im Einkauf unter den 12 Rappen zu bleiben.
Der Preis des Monopols
Könnte die BKW nicht einfach die Stromtarife für die Verbraucherinnen und Verbraucher erhöhen, um ihre Margen zu sichern? Nein, denn im Monopolbereich muss sie sich an den Kosten für den Strom aus den eigenen Kraftwerken orientieren.
Anrechnen kann sie auch die Kosten für Herkunftsnachweise, allerdings nur bis zu einem gewissen Betrag. Mit 1 Rappen führe sie die Vergütung nun an den massgebenden Marktwert heran, heisst es bei der BKW. Mit Herkunftsnachweisen kann man nämlich handeln und sie an der Börse verkaufen. Doch mehr als 1 Rappen gibt es dafür kaum.
Andere Energieversorger sind bereits jetzt knausriger. Die Stadtberner EWB nimmt Herkunftsnachweise nur ab, wenn die Kunden für ihren Strom auch einen (kostenpflichtigen) Hydrospeicher anschaffen. Energie Thun zahlt für Solarstrom so viel, wie Haushaltkunden für das billigste Stromprodukt bezahlen müssen. Für die Herkunftsnachweise muss man selbst einen Käufer finden.
Ringen um Mindestvergütung
Wie sich die Energiepreise genau entwickeln, das ist schwierig einzuschätzen. Laut BKW deuten die Markterwartungen aber darauf hin, dass die Strommarktpreise auf absehbare Zeit über den tiefen Werten der vergangenen Jahren liegen werden. Zwar gebe es keine Garantie, dass es so bleibe. Aber für Solarstromproduzierende sei die marktorientierte Vergütung inzwischen attraktiv.
Tatsächlich liegt sie vorderhand auch über den 10 Rappen pro Kilowattstunde, welche die Schweizerische Solarenergie-Vereinigung (SSES) als Mindestvergütung forderte. «Vorderhand» sei aber das entscheidende Wort, betont Grossrat Beat Kohler. Der Strommarkt sei sehr volatil und schwer voraussehbar. Schon im Frühjahr könnten die Preise wieder auf 3 Rappen fallen. Nach einem Quartal mit guten Preisen dürfe man nach Jahren mit Schleuderpreisen nicht sagen, die Preisprobleme beim Solarstrom seien gelöst.
So soll das Problem auf politischem Weg entschärft werden. Eine von links bis rechts abgestützte Gruppe von Grossratsmitgliedern unterstützt dazu eine Motion von Hans Jörg Rüegsegger (SVP, Riggisberg). Damit soll der Regierungsrat beauftragt werden, die millionenschwere Dividende, die der Kanton als Mehrheitsaktionär von der BKW erhält, zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 einzusetzen. Dazu gehörte eine minimale Vergütung, damit Solaranlagen amortisiert werden können und Herkunftsnachweise hoch genug sind.
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