Die Berner Kinobranche vor dem Umbruch
1,1 Millionen Zuschauer lockten die Berner Kinos im letzten Jahr in ihre Säle. Etwa 80'000 weniger als im Jahr zuvor. In diesem Jahr werden die Karten in der Berner Kinoszene neu gemischt.
Roh, brutal und dennoch wunderschön. Für viele Kinogänger ist «The Revenant» eine Offenbarung. Mit 32'709 verkauften Tickets ist Leonardo DiCaprios Oscarfilm der Spitzenreiter des vergangenen Berner Kinojahres.
Doch so unumstritten der künstlerische Wert von «The Revenant», so wenig beeindruckend sein kommerzieller Erfolg für einen Berner Nummer-eins-Film. Zum Vergleich: Für «Spectre» – Spitzenreiter von 2015 – wurden 82'428 Tickets verkauft. Ein Jahr zuvor hätte es «The Revenant» nur haarscharf in die Top 5 geschafft.
Unter dem Strich mussten die Berner Kinos im vergangenen Jahr einen Rückgang hinnehmen. Mit 1,1 Millionen Zuschauern liegt das Gesamtergebnis laut der Dachorganisation Pro Cinema um etwa 80'000 Zuschauer hinter demjenigen des Vorjahres zurück.
Drei Konkurrenten
In der Stadt Bern buhlen drei Kinobetreiber um die Gunst des Publikums. Die Kitag-Gruppe, Quinnie und Pathé Westside. Kitag und Pathé Westside setzen primär auf Mainstream, Quinnie zeigt vor allem Arthouse-Kino. Das Multiplexkino Pathé Westside liegt am Stadtrand, Quinnie und Kitag führen mehrere Kinos in der Innenstadt.
Obwohl auch Pathé Westside 2016 schlechter abgeschnitten hat als im Vorjahr, zieht Geschäftsführer Jan Halvorsen eine positive Bilanz. «Ich bin mit dem letzten Jahr sehr zufrieden.» Über 620'000 Kinotickets wurden im Westside verkauft. Pathé bestätigt damit seine Position als Berner Marktleader mit klar mehr als der Hälfte aller verkauften Tickets.
Kitag und Quinnie machen keine konkreten Angaben zu ihren Zuschauerzahlen. «2016 geht für die deutsche Schweiz nicht als das beste Kinojahr in die Geschichte ein», bilanziert Edna Epelbaum, Geschäftsführerin der Quinnie-Kinos. Die Fussball-EM habe zu einem Filmstopp geführt und der lange und heisse Sommer sei auch nicht gerade hilfreich dafür gewesen, die Leute ins Kino zu locken, sagt Epelbaum.
In den Quinnie-Kinos waren «Heidi», «Toni Erdmann» und «Spotlight» 2016 die beliebtesten Filme. Generell ist der Erfolg der Animationsfilme auffällig: Vier der erfolgreichsten sieben Kinofilme wurden gänzlich am Computer generiert (siehe Grafik).
Top-10-Filme 2016

Positiver als der Rückblick fällt in der Berner Kinobranche der Ausblick aus. Diverse Fortsetzungen von Blockbuster-Reihen – zum Beispiel «Alien», «Ich – unverbesserlich» oder «Star Wars» – versprühen im Mainstream-Kino viel Zuversicht. Doch auch im Arthouse-Bereich verspricht man sich viel vom Programm dieses Jahres.
«Ich freue mich persönlich auch, dass im kommenden Jahr viele Filme mit starken Frauenfiguren oder Frauenthemen auf die Leinwand kommen», sagt Edna Epelbaum. «Allen voran der Film ‹Marie Curie›. Wir werden am 19. Januar die Regisseurin Marie Noëlle bei uns begrüssen.»
Als einen weiteren Höhepunkt nennt Epelbaum «Die göttliche Ordnung», einen Film über das Frauenstimmrecht, der die Sicht auf die Schweizer Frauenpolitik mit Humor und Realitätssinn auf die Leinwand bringe, so die Quinnie-Chefin.
Gas geben mit «Furious 8»
Im Pathé Westside freut man sich in diesem Jahr unter anderem auf den achten Teil der «Fast & Furious»-Reihe, der im April anläuft. «Das wird unser Film», sagt Pathé-Westside-Geschäftsführer Jan Halvorsen. Bei «Fast & Furious» steht jeweils das Automobil wie ein geheiligtes Objekt im Zentrum. Flankiert werden die Autos von schönen Frauen und knapp behaarten Muskelmännern.
Während die Teile 4 bis 7 in der Berner Innenstadt mit durchschnittlichem Erfolg liefen, bescherte die Actionfilmreihe dem Multiplexkino am Stadtrand hervorragende Zahlen. «Furious 7» hält mit über 15'000 verkauften Tickets in einer Woche gar den internen Rekord des Pathé Westside.
Muriger Multiplex
In diesem Jahr wird sich in der Berner Kinoinfrastruktur einiges bewegen. Kitag plant sein Multiplexkino auf dem Gümligenfeld in Muri noch 2017 zu eröffnen. Neben den zehn Kinosälen sollen im Freizeitzentrum zwei Restaurants und eine Bowlinganlage entstehen. Über den Stand der Arbeiten werde man «zu gegebener Zeit informieren», wie Tenzin Baumann-Tethong von der Kitag-Pressestelle mitteilt.
2015 hat Kitag in der Stadt Bern das Kino Rex abgestossen, 2016 das Kino Royal geschlossen. Das Ende des Kinos Capital hat Kitag bereits auf Ende 2017 angekündigt. Ob die Zürcher Kinokette nach der Eröffnung auf dem Gümligenfeld weitere Kinos in der Stadt schliessen wird, ist offen.
Kitag-Chef Philippe Täschler hatte gemäss «Bund» bereits gesagt, dass Ein- oder Zweisaalkinos in einer Innenstadt «bald der Vergangenheit angehören» würden. In Bern fallen etwa das Alhambra oder das Splendid in diese Kategorie.
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