Die Abrechnung
Der preisgekrönte Autor Kurt Eichenwald lässt kein gutes Haar an Microsoft. Ob Smartphone, Tablet oder Suchmaschine – das Management des Windows-Herstellers habe in der Ballmer-Ära komplett versagt.
Kurt Eichenwald geht mit dem Windows-Konzern hart ins Gericht. Der renommierte Autor – er ist zweifacher Preisträger des George Polk Award for Excellence in Journalism – schreibt auf Basis Hunderter Interviews, interner Dokumente und E-Mails einen Artikel über den weltgrössten Softwarehersteller. Die Analyse soll im August erscheinen, Auszüge davon wurden jetzt in der Zeitschrift «Vanity Fair» publiziert.
Gefürchtetes Stack Ranking
Der ehemalige «New York Times»-Journalist geht darin der Frage nach, wie Apple es geschafft hat, mit einer einzigen Hardware (dem iPhone) über 5 Milliarden Dollar mehr Umsatz zu generieren als Microsoft mit den Softwareprodukten Windows und Office zusammen.
Eichenwalds Hauptkritik richtet sich an die Unternehmensführung, welche stur am sogenannten Stack Ranking festhalte. Dieses Managementsystem zwinge jedes Team, einen festen Prozentsatz der Mitarbeiter als top, gut, durchschnittlich und schlecht zu bewerten. Dies habe dazu geführt, dass zum Beispiel in einer zehnköpfigen Abteilung zwei Angestellte immer eine sehr gute, sieben eine mittelmässige und einer eine ganz schlechte Bewertung erhalten habe.
Anstatt eine gesunde Konkurrenz zwischen dem Team und der Konkurrenz zuzulassen, «wurde nur eine interne Konkurrenz zwischen den Mitarbeitern kreiert», so Eichenwald. Brian Cody, ein Ex-Microsoftingenieur wird von Eichenwald mit den Worten zitiert: «Es ging weniger darum, wie ich mich zu einem besseren Ingenieur entwickle. Wichtiger war, dass ich im Vergleich zu den anderen Managern besser wahrgenommen werde.»
Windows, Windows, Windows
Weiters ist es laut Eichenwald ein grosser Fehler, die gesamte Strategie auf das Betriebssystem Windows auszurichten. So will der Autor in Erfahrung gebracht haben, dass Microsoft bereits vor 14 Jahren einen E-Reader entwickelt hatte. Das Gadget sei aber von Bill Gates höchstpersönlich abgelehnt worden, da das Interface des Geräts nicht Windows-kompatibel gewesen sei. «Windows war Gott», wird Steve Stone, ein anderer ehemaliger Microsoft-Manager von «Vanity Fair» zitiert.
Eine andere Quelle, die Eichenwald bereitwillig Auskunft gab, ist Kurt Massey, der für Microsofts Marketingabteilung tätig war. Massey vergleicht Microsoft mit dem US-Versandhaus Sears: «In den 40ern, 50ern und 60ern hatte Sears alles im Griff. Das Unternehmen war erstklassig, heute ist es eine Wüste. Genau wie Microsoft. Das Unternehmen ist einfach nicht mehr cool.» Ähnlich die Einschätzung des ehemaligen Microsoft-Managers Bill Hill. Microsoft habe früher mit dem Finger auf IBM gezeigt und das Unternehmen ausgelacht. «Jetzt ist Microsoft zu etwas geworden, das es selber verachtet hat.»
«Erstaunlich törichte Managemententscheidungen»
Eichenwalds Fazit nach seinen Recherchen: Die Ära unter Steve Ballmer sei geprägt von «erstaunlich törichten Management-Entscheidungen». Diese seien perfekte «Fallbeispiele für Business-Lehrgänge über die Fallstricke des Erfolgs». Microsoft wollte auf Anfrage von Redaktion Tamedia keine Stellung nehmen zu Eichenwalds Artikel.
Immerhin scheint Bill Gates zu Selbstkritik fähig: «Steve Jobs hat es besser gemacht», sagt der Microsoft-Mitgründer in einem in jeder Beziehung erstaunlichen Fernsehinterview. Darin zollt der Microsoft-Gründer der 2011 verstorbenen Apple-Legende Respekt. Jobs habe bei der Lancierung seines Tablets ein viel besseres Timing an den Tag gelegt als Microsoft. Zwar habe sein Unternehmen ähnliche Geräte bereits Jahre zuvor konzipiert, sie seien aber nicht so dünn und attraktiv gewesen wie das 2010 lancierte iPad.
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