Deutschlands meistgehasster Professor
Der Bremer Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano entlarvte Karl-Theodor zu Guttenberg als Plagiator. Jetzt wird er von Fans des gefallenen Ministers mit Hass-Mails attackiert.
Am Anfang war ein wissenschaftliches Interesse an der Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg, am Ende stand der Rücktritt des Verteidigungsministers. Der Mann, der sich mit Guttenbergs Dissertation befasste und diese als «dreistes Plagiat» entlarvte, ist Andreas Fischer-Lescano, Rechtsprofessor an der Universität Bremen.
Fischer-Lescano wird inzwischen von den Anhängern des beliebten CSU-Politikers für dessen Fall verantwortlich gemacht. Und er wird aufs Übelste angegriffen und verunglimpft. Der bisher unbekannte Jurist wird seit Tagen von hasserfüllten Mails überflutet, wie er im Gespräch mit der «Süddeutschen Zeitung» (SZ) sagt. Er erhält Mails dieser Sorte: «Hoffentlich läufst du Arsch mal vors Auto.» Oder auch: «Es gibt ja wohl kaum ein grösseres Dreckschwein – pfui Teufel.»
Der Professor bleibt lieber im Hintergrund
Die SZ schildert die Geschichte des Bremer Rechtsprofessors als «die eines Enthüllers, der mit seinem Fund fremdelt, der zwar die Türe geöffnet hat zu einem Reich von Täuschung und Lüge, aber lieber am Eingang verharrt, um sich nicht in diesem Reich zu verirren». Fischer-Lescano macht den Eindruck eines zurückhaltenden Mannes. So verzichtete er darauf, Einladungen der öffentlichkeitswirksamen TV-Talkshows von Anne Will oder Johannes B. Kerner anzunehmen.
Auch zum Amtsverzicht Guttenbergs äussert sich Fischer-Lescano ohne Worte des Triumphs: «Mir ging es immer darum, dass an Guttenberg dieselben wissenschaftlichen Massstäbe angelegt werden wie bei anderen Forschern auch. Und das musste den Verlust seines Doktortitels zur Folge haben», sagt der Bremer Rechtsprofessor, der in Berlin-Neukölln lebt. Guttenbergs Rücktritt aber forderte er nie.
Fischer-Lescano befasst sich mit Verfassungsthemen
Fischer-Lescano räumt zwar ein, dass er politisch links steht. Trotzdem: Die verschwörungstheoretische These, wonach die Linke einen Grund gesucht haben soll, um den CSU-Politiker Guttenberg zu Fall zu bringen, erscheint abwegig. Der 38-jährige Forscher las aus «wissenschaftlichem Interesse» die inzwischen aberkannte Doktorarbeit Guttenbergs über die Verfassungsentwicklung in der EU und in den USA, wie er der «Süddeutschen Zeitung» erzählte.
Gemäss eigenen Aussagen beschäftigt sich Fischer-Lescano seit etwa zehn Jahren mit dem Thema «Verfassung und ihre Bedeutung jenseits des Staates». In diesem Fachgebiet publizierte Fischer-Lescano denn auch etliche Artikel und er bot Lehrveranstaltungen wie Seminare an.
«Inhaltlich schwach und sprunghaft im Stil»
Und wie entdeckte er das Plagiat Guttenbergs? Der Bremer Rechtsprofessor hatte zunächst vor, Guttenbergs Doktorarbeit in einer Rezension zu zerpflücken. «Ich wollte Gegenthesen zu seinem konservativen Verfassungsdenken entwickeln.» Die Arbeit sei ihm «inhaltlich schwach und sprunghaft im Stil» erschienen. Stutzig machten ihn Zeitungsartikel, die Guttenberg in seiner Dissertation verwendet hatte. Bei Fischer-Lescano entstand der Verdacht, dass der Minister eigene Reden «verhackstückt» hatte.
Dann gab er Textpassagen in die Google-Suche ein – und kam zur Erkenntnis, dass Guttenberg nicht sauber wissenschaftlich gearbeitet hatte. Unter anderem entdeckte Fischer-Lescano einen nicht zitierten Artikel aus der «NZZ am Sonntag». Nachdem die «Süddeutsche Zeitung» vor einem Monat darüber berichtet hatte, nahm die Plagiatsaffäre ihren Lauf. Mit dem Resultat, dass Guttenberg seit Dienstag nicht mehr Minister ist und heute auch sein Mandat als Bundestagsabgeordneter abgegeben hat.
Der Rechtsprofessor will nun wieder zum Alltag übergehen. «Ich möchte diese Guttenberg-Sache abhaken und meine Arbeit machen», sagt Fischer-Lescano. Er schreibe an einem Buch zu sozialen und globalen Rechten. «Das ist mir viel wichtiger.»
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