Der verstossene Sohn
Thomas Rathgeb wurde mit Wacker Thun Meister und Cupsieger. Danach brauchten die Thuner ihn nicht mehr. Am Samstag kommts im Cup-Achtelfinal zwischen dem BSV Bern Muri und den Oberländern zum Wiedersehen.

Es war ein kühler Winter, damals, 2014/2015. Die sportliche Führung um Trainer Martin Rubin hatte entschieden, den auslaufenden Vertrag mit Thomas Rathgeb nicht zu verlängern. Dessen Teamkollegen protestierten. Der Haussegen hing schief in der sogenannten Wacker-Thun-Familie, die Oberhäupter hatten einen Beschluss gefällt, der nach sportlichen Kriterien beurteilt gewiss nachvollziehbar, intern aber umstritten war.
Der Regisseur war mit den arrivierten Kräften des Teams befreundet, 2013 mit seinem Stammklub Meister geworden. Rathgeb war kein Leistungsträger, aber er gehörte zum Kern der Mannschaft und hatte innerhalb des Ensembles ein hohes Standing, die Opposition fiel entsprechend heftig aus. Der Beschluss aber, er war unumstösslich, Rathgeb im Fanionteam so bald Geschichte.
Der Mittelmann schloss sich dem TV Steffisburg an, dem Partnerklub der Berner Oberländer, für den er vor seinem Aufstieg in die Nationalliga A engagiert gewesen war. Der Informatiker war nicht länger Spitzensportler, drei Hallentrainings galt es in der zweithöchsten Spielklasse zu besuchen. Eine Menge Tore erzielte der Aufbauer, er war ein Eckpfeiler. Daran, das Interesse eines Spitzenvereins auf sich ziehen zu können, glaubte er indes nicht.
Rathgeb hatte sich damit abgefunden, seine besten Jahre als Sportler hinter sich zu haben.
Dann kam die Anfrage des BSV Bern Muri. Der Champions-League-Teilnehmer von 2013/2014 war überrascht, zögerte. Sollte er den Aufwand noch mal auf sich nehmen? War er bereit, Beruf und Privatleben erneut unterzuordnen? Eine lange Bedenkzeit wurde ihm nicht gewährt. Der Oberländer sagte zu. Den Entscheid hat er nicht bereut.
Der Hüne ist auf der Position des Regisseurs zweite Wahl hinter Jakub Szymanski, mit dem er schon in Thun zusammengespielt hat. Wie damals bei Wacker wird er für sein Auftreten geschätzt, für seine Bereitschaft, sich in den Dienst des Ganzen zu stellen, für seine freundlich-lockere Art gemocht. Die Umstellung, erzählt Rathgeb, habe ihm Mühe bereitet, er habe sich erst wieder an die höhere Intensität gewöhnen müssen. In der Vorbereitung absolvierte der BSV bis zu neun Trainings pro Woche.
Ein bisschen Rache
Zwei Partien haben die Stadtberner bestritten. Gewonnen haben sie beide. Nun treffen sie heute (20 Uhr, Mooshalle Gümligen) im Cupachtelfinal auf Titelverteidiger Wacker. Rathgeb sagt, das sei ein spezielles Spiel, natürlich gerade für ihn. Ein wenig Genugtuung würde er schon verspüren, sollte er gegen den Ex-Klub, der ihn nicht mehr habe haben wollen, als Sieger dastehen, erzählt der 28-Jährige. «Aber das steht nicht im Vordergrund. Ich freue mich vor allem auf den Match.»
Der Rat der Gegner
Mit einigen Leuten von Wacker ist er unverändert freundschaftlich verbunden. Reto Friedli, Kreisläufer und Vizecaptain der Thuner, sagt denn auch, er habe sich riesig für seinen langjährigen Mitstreiter gefreut, als dieser das Angebot aus der Nationalliga A erhalten habe.
Der Informatiker hat bei ihm und anderen Akteuren der Oberländer gar Rat eingeholt, gefragt, ob sie den Schritt für sinnvoll hielten. Friedli erzählt, Rathgeb verdiene es, in der höchsten Spielklasse engagiert zu sein. «Er hat die Qualitäten dazu, das ist unbestritten.» Umstritten wird derweil das heutige Derby sein. Mit einem Neo-Stadtberner, der es seinem früheren Trainer zeigen will.
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