Der umstrittene Implenia-Chef Affentranger tritt doch zurück
Anton Affentranger gibt sein Amt ab. Sein Abgang folgt erbitterten Machtkämpfen im Unternehmen.

Beim Baukonzern Implenia kommt es zu einem Wechsel auf dem Chefposten. Der derzeitige Implenia-CEO Anton Affentranger tritt Ende September zurück. Ab 1. Oktober übernimmt André Wyss.
Der 51-jährige Wyss war bis im Frühjahr 2018 Mitglied der Konzernleitung von Novartis. Er leitete als President Novartis Operations die Produktion, zentralen Konzerndienste und Corporate Affairs des Basler Pharmakonzerns mit weltweit fast 40'000 Mitarbeitern. Parallel dazu war er Länderpräsident von Novartis Schweiz.
Interner Machtkampf
Affentranger war von 2006 bis 2011 Präsident des Verwaltungsrats bei Implenia, dann übernahm er das Amt des Konzernchefs. Bereits im Februar 2016 erklärte er, den Chefposten nach rund zwei Jahren abgeben zu wollen. Deshalb habe der Verwaltungsrat schon vor einiger Zeit die Suche nach einem Nachfolger gestartet, heisst es in der Mitteilung.
Der Verwaltungsratspräsident Hans-Ulrich Meister sagte Anfang Februar noch gegenüber der «Sonntagszeitung», es gebe zum Thema einer allfälligen Nachfolge Affentrangers keine Neuigkeiten. Im Interview mit der «Sonntagszeitung» sagte Affentranger im Februar dieses Jahres auf die Frage, warum er nicht wie angekündigt zurückgetreten sei, er stehe derzeit voll in der Verantwortung als Chef in einer anspruchsvollen Zeit der internationalen Expansion.
Dies nährte Zweifel, dass er tatsächlich zurücktreten würde. Affentrangers Erklärung im Februar 2016 war ein Machtkampf vorausgegangen. Vor Weihnachten 2015 hatte der Verwaltungsrat nach Protesten aus dem Management laut «Sonntagszeitung» bereits die Absetzung Affentrangers beschlossen.
Dieser wehrte sich, mobilisierte den grössten Implenia-Aktionär Max Rössler, der Verwaltungsrat kippte. Präsident Hubert Achermann wurde durch den Ex-Credit-Suisse-Banker Hans-Ulrich Meister ersetzt – einen früheren Kollegen Affentrangers. Sowohl Meister wie auch Affentranger hatten früher bei der UBS gearbeitet.
Corporate-Governance-Problem
2016 sprachen Experten nach den Rochaden an der Spitze von Implenia von einem Corporate-Governance-Problem im Konzern. Denn eigentlich bestimmt der Verwaltungsrat die Geschäftsleitungsmitglieder – oder entmachtet sie. Dass sich Affentranger mithilfe eines Grossaktionärs erfolgreich gegen die Entmachtung wehren konnte, sorgte damals für Kopfschütteln.
Leuenberger bei Implenia: Alt-Bundesräte und ihre VR-Mandate
«Offensichtlich ist bei Implenia der starke Mann der Konzernchef, was bei einer Publikumsgesellschaft nicht der Fall sein sollte. Dass sich der Chef seine Überwacher aussucht, ist aktien- und börsenrechtlich nicht vorgesehen», sagte Wirtschaftsrechtler Peter V. Kunz damals der «Handelszeitung».
«Klima der Angst»
Recherchen der «Sonntagszeitung» zufolge rumorte es auch zuletzt weiter im Topmanagement des Baukonzerns. Mehrere Führungsleute beklagten Anfang dieses Jahres den Führungsstil des Chefs, es herrsche ein «Klima der Angst», der Leidensdruck sei riesig. «Ich wurde in meinem ganzen Leben noch nie so respektlos behandelt», erzählt ein Kadermann.
Im oberen Kader hatten zuvor drei Personen gekündigt, darunter der IT-Chef. Eine weiterer Person leide unter einem Burn-out. Abgebrühte Kaderleute seien mit Tränen in den Augen aus einer Sitzung mit Affentranger gekommen, berichtete eine weitere Quelle. Aus Angst vor Entlassungen oder Schwierigkeiten, wollte keiner namentlich zitiert werden. Affentranger sagte zu den Vorwürfen im Interview, er führe durch Motivation und nicht durch Druck. «Die, die mit mir arbeiten, ziehen aus Überzeugung mit.»
Auslandsstrategie entwickelt
Dennoch gab es auch Lob für das Unternehmen: «Die Arbeit würde Spass machen, wäre da nicht der Chef», sagt einer. Auch Affentranger könne seine menschliche Seite zeigen, sagten selbst Kritiker.
In der Mitteilung von Implenia heisst es heute, Affentranger sei eine Schlüsselfigur beim Aufbau des Baukonzerns gewesen. Er habe die Auslandsstrategie mit Schwerpunkten in Deutschland und Österreich sowie in skandinavischen Staaten entwickelt. Übernahmen hätten diesen Weg gestützt: Sulzer Immobilien AG 2009, Betonmast Anlegg im Jahr 2010, Bilfinger Construction im 2015 und Bilfinger Hochbau im 2017 wurden hinzugekauft.
Das vergangene Geschäftsjahr hatte für Implenia derweil zunächst harzig begonnen. Im ersten Semester schrieb der Konzern unterm Strich einen Verlust von knapp 12 Millionen Franken. Das wurde auf Sonderereignisse zurückgeführt: In Norwegen war etwa der Chef von Implenia Norge auf einer Wanderung verschollen, diverse Projekte waren deswegen ins Stocken geraten. Das Portfolio in Norwegen wurde neu bewertet. In der Schweiz hatte das Management wegen eines hängigen Verfahrens beim Stadion Letzigrund finanzielle Vorsichtsmassnahmen gebucht. In der zweiten Jahreshälfte zog das Geschäft an, für das Geschäftsjahr 2017 resultierte zwar ein Anstieg beim Umsatz, der Gewinn brach aber um insgesamt knapp 40 Prozent ein.
Wyss: Abgang auf eigenen Wunsch
Mit Wyss kommt nun ein Manager aus der Pharmabranche an die Spitze des grössten Schweizer Baukonzerns. «André Wyss verfügt über grosse Erfahrung in komplexen Geschäftsmodellen und Projekten. Bei Novartis leitete er auch bedeutende Bau- und Infrastrukturprojekte», betont Implenias VR-Präsident Hans Ulrich Meister. Mit Wyss habe man einen hochkarätigen Nachfolger mit internationaler Führungserfahrung gefunden, schreibt auch die ZKB.
Wyss hatte Novartis bereits per Ende März verlassen - auf eigenen Wunsch, wie er damals gegenüber Redaktion Tamedia betonte. Er begründete seinen Abgang damit, dass seine weiteren Karrierechancen bei Novartis begrenzt seien. «Daher habe ich vor zwei Jahren damit begonnen, über meine Optionen nachzudenken», so Wyss. Ein CEO-Job würde ihn reizen, gab er zu.
Affäre in Griechenland
Andere Theorien über Wyss' Abgang machten die Runde: Unter dem neuen Novartischef Vasant Narasimhan sollte der Pharmakonzern digitaler werden - das sei nicht Wyss' Welt, sagten Kenner des Unternehmens gegenüber der bz Basel. Finanzanalysten und Beobachtern zufolge könnten auch vorherige Positionen Wyss' Grund für seinen Abgang sein. Denn Wyss war etwa von September 2004 bis Dezember 2007 Präsident und Geschäftsführer von Novartis in Griechenland.
Berichten zufolge soll Novartis in Griechenland Bestechungsgelder an Beamte und Politiker im Gegenzug für Aufträge und höhere Medikamentenpreise bezahlt haben. Bewiesen ist das nicht, die Affäre beschäftigt die Justiz, zudem hat das griechische Parlament einen Untersuchungsausschuss dazu eingesetzt. «Da gibt es absolut keinen Zusammenhang», sagte Wyss gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet auf die Frage, ob sein Abgang etwas mit diesen Ermittlungen zu tun habe.
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