Der Swiss geht das Geld aus
Das Coronavirus trifft die Airline ins Mark. Sie führt Kurzarbeit ein und auch ein komplettes Grounding schliesst Geschäftsführer Thomas Klühr nicht mehr aus.

Eigentlich stellte die Swiss am Donnerstagmorgen, 19. März, ihr Jahresergebnis vor. Doch Geschäftsführer Thomas Klühr widmete den Zahlen nur ein paar Minuten. «2019 steht nicht im Mittelpunkt meiner Gedanken», so Klühr. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehe das, was gerade geschehe «und was noch vor uns liegt».
Die Buchungen sind nicht nur gesunken, sondern um mehr als 100 Prozent zurückgegangen. Das passiert, weil zu den nur rund 15 Prozent neuen Buchungen noch Stornierungen hinzukommen. «Ich habe in meiner Karriere viele Krisen erlebt», so Klühr. Als Beispiel nennt er Sars und den 11. September. Dazu stehe die aktuelle Situation in keinem Vergleich. «Der grosse Unterschied ist die Wucht, mit der das passiert, und die Unsicherheit, Prognosen für die Zukunft zu geben.»
Noch kein Total-Grounding
In ganz Europa haben bereits mehrere Airlines bekannt gegeben, ihre komplette Flotte zu grounden – auch die Schwester-Airlines Austrian und Brussels Airlines. Bei der Swiss seien derzeit noch 10 Langstrecken- und 20 Kurzstreckenflugzeuge im Einsatz. Doch in den nächsten Tagen werde man auf einen «Rumpfbetrieb» – also einen Minimalflugplan – herunterfahren. Dann fliegen nur noch ein Langstreckenflieger und fünf Kurzstreckenflugzeuge für die Swiss.
Der Langstreckenjet wird zwischen Newark nahe New York und Zürich unterwegs sein – allerdings wegen der Einreisebeschränkungen hauptsächlich US-Staatsbürger transportieren. Die fünf Kurzstreckenflugzeuge sollen einen Grundbetrieb in Europa aufrechterhalten. Destinationen seien unter anderem Berlin, Amsterdam, Brüssel, London, Stockholm, Hamburg, Frankfurt und München. Das seien noch weniger als 10 Prozent des normalen Angebots an Kapazität.
Ein Flugzeug am Boden gleicht einem stillgelegten KMU
Das sei aber nur die Planung für den Moment. Es sei weiterhin nicht auszuschliessen, dass man die komplette Flotte am Boden lassen müsse, so Klühr. Wie drastisch sich ein temporäres Grounding der Flotte auswirkt, zeigt das Beispiel einer am Boden bleibenden Boeing 777: «Das gleicht einem stillgelegten» KMU, so Klühr. 150 Arbeitsplätze würden allein am Betrieb eines solchen Langstreckenjets hängen.
Daher soll auch diese Woche bereits die Kurzarbeit bei der Swiss starten. Besonders viele Details dazu gibt die Swiss noch nicht bekannt. Da die Kurzarbeit vor allem das fliegende Personal betreffe und das wiederum einen Grossteil der Mitarbeiter ausmache, sei der Umfang ungefähr vorstellbar. Die Details zu den Stellenprozenten, die noch gebraucht würden, würden derzeit festgelegt. Auch für die Bereiche Cargo und Technik plane man mit Kurzarbeit, als Nächstes seien die administrativen Bereiche dran.
Staat soll nicht einsteigen, aber aushelfen
Auch Staatshilfen bleiben ein Thema. «Vermutlich wird staatliche Hilfe temporär nötig sein, um die Liquidität zu sichern», sagt Klühr. Er betont aber auch, dass es sich um kein strukturelles Problem handle. Weil die Stornierungen derzeit die Buchungen übersteigen, fehlt der Airline aber Cash – wie auch zahlreichen anderen Airlines weltweit. Der Weltluftfahrtverband Iata erklärte dieser Tage, zu Jahresbeginn hätten 75 Prozent aller Airlines nur über Cash für die kommenden drei Monate verfügt.
Wie viel Geld die Swiss genau brauchen dürfte, verrät Klühr nicht. Man befinde sich in Gesprächen. In den letzten Tagen wurde in der Politik wiederholt gefordert, dass sich der Staat an der Airline beteiligen sollte, falls es zu Staatshilfen komme. Doch das schliesst Klühr aus. In den vergangenen Jahren habe sich klar gezeigt, dass man nur als Teil einer Gruppe so stark sein könne. «Die Ergebnisse, die Steuerzahlungen in der Schweiz, die Beschäftigung unserer Mitarbeitenden – das war nur möglich als Teil der Lufthansa», sagt der Swiss-Chef.
Passagierflieger als Frachter im Einsatz?
Nachfrage dürfte es auch weiterhin im Frachtbereich geben. Das Problem: Die Swiss selbst betreibt keine eigenen Frachtflugzeuge. Sie transportiert sogenannten Belly Cargo – das heisst: Güter werden im Frachtraum der Passagierflugzeuge durch die Welt geflogen. Daher prüfe man nun, Passagierflugzeuge als reine Frachter einzusetzen, so Operativchef Thomas Frick.
Eine Boeing 777 könne etwa 60 Tonnen transportieren, ein Airbus A340 40 Tonnen. «Wir gehen davon aus, dass es dazu kommen wird», so Frick.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch