CIA-Chef William BurnsDer Mann, der Putin durchschaut
Was denkt der russische Präsident? Wie weit wird er gehen? CIA-Chef William Burns’ Job ist es, diese Fragen für das Weisse Haus zu beantworten. Doch das wird immer schwieriger.

Eine Frage, auf die die Welt mit grosser Dringlichkeit eine Antwort sucht, ist diese: Was denkt Wladimir Putin? Der russische Präsident hat einen Krieg angefangen, der in einem nuklearen Schlagabtausch mit dem Westen enden könnte. Er lässt Kliniken bombardieren. Er hält martialische Reden, die voller verdrehter historischer Argumente stecken. Nähme man sie ernst, hätte Russland nicht nur Anspruch auf die Ukraine, sondern auch auf Finnland oder das Baltikum.
Ehemaliger Diplomat
In Washington gibt es einen Mann, der dafür bezahlt wird, dem Präsidenten Antworten auf all diese Fragen zu liefern: William Joseph Burns, 65 Jahre alt und Direktor der Central Intelligence Agency (CIA), des Auslandsgeheimdienstes der Vereinigten Staaten. Seine Behörde führt Spione in Russland, sie wertet den Telefon- und Schriftverkehr im russischen Machtapparat aus, der von den USA abgehört und mitgelesen wird, dazu jeden Fitzel an öffentlicher Information. Die Russland-Analysten der CIA sammeln jeden Tag Hunderte Puzzleteile und versuchen, daraus ein Bild zusammenzusetzen, das zeigt, was im Kreml vor sich geht.
Zudem beschäftigt die CIA Psychologen, die Persönlichkeitsprofile erstellen. So versucht die Behörde, das Verhalten von feindlichen ausländischen Machthabern zu erklären und, sofern möglich, vorherzusagen. Um es salopp zu sagen: Die CIA ist derzeit sehr damit beschäftigt, in Wladimir Putins Kopf zu schauen.
Das, was Burns über den geistigen Zustand und das Weltbild des russischen Präsidenten zu wissen glaubt, stimmt jedenfalls nicht optimistisch. Putin habe sich gründlich verrechnet, sagte Burns vor dem Kongress. Er habe einen schnellen Sieg und einen lethargischen Westen erwartet. In beiden Fällen habe er falsch gelegen. «Ich denke, dass Putin im Moment frustriert und wütend ist», sagte Burns. «Er wird seine Anstrengungen, die ukrainische Armee kleinzukriegen, vermutlich verdoppeln, ohne Rücksicht auf zivile Verluste.»
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