Der «Hügel der Utopien» wird wiederbelebt
Drei Jahre nach Schliessung der Casa Anatta kommt Bewegung in das Restaurierungsprojekt am Monte Verità TI.

Zwar sind die historischen Holzgebäude immer noch vom Verfall gezeichnet. Doch ist mit dem Ordnen des Szeemann-Fundus ein erster Schritt zum Neuanfang getan. Ab 2014 soll das wegen Baufälligkeit gesperrte Museum den Besuchern wieder offen stehen. Spätestens dann, so verspricht es der neue Direktor Lorenzo Sonognini, werde sich der Monte Verità wieder zu einem kulturellen Knotenpunkt im Tessin entwickeln – einer, der über Kongress-Tourismus und Grün-Tee-Zeremonien hinausgehe.
Noch schlägt dem Besucher der Casa Anatta feuchte, modrige Luft entgegen, wenn er die Tür zu dem alten Museumssitz öffnet. Das Gebäude ist von einem Baugerüst umschlossen und innen leer und dunkel. Ein umfassendes Sanierungskonzept soll den Holzkuppelbau wieder nutzbar machen. Rund 5,6 Millionen Franken hat nach Angaben des Direktors die Monte-Verità-Stiftung für die Restaurierung aller historischen Gebäude, einschliesslich des Hotels, kalkuliert.
Die Finanzierung übernehmen der Kanton, umliegende Gemeinden, Stiftungen sowie Private. Bis zum Herbst soll für die Casa Anatta ein Detailplan der Architekten vorliegen. Die notwendigen Recherchearbeiten im Museum sind seit Frühjahr im Gange.
«Brüste der Wahrheit»
Restaurierungspläne bestehen auch für die anderen Holzhütten auf dem Gelände, unter anderem für das Russenhaus und die Luft-Licht-Hütte (Casa Selma). Im Russenhaus soll ein Ausstellungsraum über den Kunsthistoriker und Kurator Harald Szeemann und dessen Visionen vom Monte Verità entstehen.
Erste Ergebnisse des Gesamtprojektes «Monte Visione» sind am 1929 errichteten Bauhaus-Hotel auf der Kuppe des Hügels zu erkennen. Unter anderem ist im Juli die in den 1980er-Jahren geschlossene Dachterrasse wiedereröffnet worden.
Der Museumsrundgang zur Geschichte des Monte Veritàs – «Le mammelle della verità» (Brüste der Wahrheit) betitelt – werde nach der Sanierung der Casa Anatta originalgetreu wieder eingerichtet, erläuterte der zuständige Historiker Andreas Schwab. Gemäss einer Vorgabe der Witwe von Harald Szeemann dürfe die Ausstellung als Gesamtkunstwerk nicht verändert werden.
Die Ausstellung werde als «Museum in einem Museum» zu verstehen sein, so Schwab. Ein moderner Audio-Guide, der die Besucher später mal über das Gelände und bis hin zu den Brissago-Inseln führen könnte, soll einem allfälligen Retro-Eindruck entgegen wirken.
Verliebte Jünglinge
1044 Museumsobjekte hat Schwab bei der Neuordnung des Szeemann-Archivs analysiert und katalogisiert. Hinterlassen hat Szeemann allerdings einen weitaus grösseren Fundus über den Monte Verità, mit Tausenden von Dokumenten.
Dieser Fundus bleibt dem Tessin erhalten und wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Er ist nicht Teil des Szeemann-Archivs zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhundert, das im Juni vom Getty Research Institute in Los Angeles erworben wurde und Europa verlässt.
Offen ist laut Schwab die Frage, was nach der Renovierung mit dem Elisarion, einem 1987 im Park erbauten Pavillon, und seinem «Kunstschatz», dem Rundgemälde «Il chiaro mondo dei beati» von Elisar von Kupffer passieren soll. In jedem Fall werde das Werk eine Aufwertung erfahren.
Ursprünglich hatte der 1872 geborene Künstler das überdimensionale Gemälde in seinem tempelförmigen Atelier in Minusio, dem heutigen Kulturzentrum Elisarion, ausgestellt. Nach Kupffers Tod im Jahr 1942 rettete Szeemann das Werk und brachte es nach Ascona.
Denn nicht jedem in Minusio sagte das Bildmotiv zu: In einer bonbonfarbenen Landschaft liegen sich mehrere Dutzend Jünglinge paarweise in den Armen. Inzwischen gibt es aber einen Verein in Minusio, der sich für die Rückkehr dieses einzigartigen Rundgemäldes einsetzt.
SDA/phz
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