Servette out, Lausanne rettet sich in Spiel 3 Der hochemotionale Eishockey-Abend im Tessin
In der 2. Pre-Playoff-Runde gleicht Lausanne mit einem 2:1 in Ambri zum 1:1 aus. Lugano qualifiziert sich mit einem 4:3-Overtime-Sieg gegen Servette fürs «richtige» Playoff.

Die Schlussphase in der Gottardo Arena in Ambri war sinnbildlich für die ganze Partie. Der Lausanne HC brachte den 2:1-Vorsprung abgeklärt über die Zeit, die Tessiner konnten keinen wirklichen Schlussspurt mehr lancieren. Die Waadtländer schafften es damit, auswärts im Hexenkessel Ambris eindrücklich auf die unglückliche 1:2-Niederlage zuhause in Spiel 1 zu reagieren. Es kommt in diesem Best-of-3 damit am Dienstag zu einem Entscheidungsspiel in Lausanne.
Die Unterschiede waren nicht mehr so gross wie am Freitag, als Ambri-Piotta dank viel Kampf, einem sehr guten Goalie Janne Juvonen aber eben auch einigem Wettkampfglück einen überraschenden Auswärtssieg feiern konnte und die favorisierten und phasenweise eklatant überlegenen Waadtländer an den Rand des Saisonendes beförderte. Lausanne hatte die Qualifikation punktgleich mit dem Sechsten (Biel) auf Rang 7 beendet, Ambri mit 19 Zählern Rückstand auf Platz 10.
Entsprechend verlief auch die zweite Begegnung. Lausanne war auch mit dem Rücken zur Wand das spielerisch bessere Team, das sich aber lange gedulden musste, bis es sich belohnen konnte. Zum Matchwinner avancierte Topskorer Jiri Sekac, der beide Treffer Lausannes erzielte und dabei Juvonen ein wenig «menschlicher» erscheinen liess als zuletzt – beide Male traf der Tscheche via Ambri-Goalie. Das Siegtor gelang ihm früh im Schlussdrittel (43.) nach schöner Vorlage Damien Riats.
Der Finne im Ambri-Tor war Hauptveranwortlicher gewesen, dass die Tessiner im Schlussspurt der Qualifikation in zehn Tagen zehn Punkte Rückstand auf Bern wettmachen konnten und überhaupt ins Pre-Playoff kamen. Juvonen hatte bei zuletzt sieben Siegen in Serie nur acht Gegentore kassiert.
Ambris verpasste Chance im langen Powerplay
Es brauchte trotz Lausanner Dominanz von Anfang an eine doppelte Überzahl, damit der LHC in Führung gehen konnte. Und kaum war Ambri-Piotta komplett, glich Brandon McMillan sechs Sekunden danach per Kontertor aus (13.). Es war eine der wenigen Situationen an diesem Abend, in denen die Lausanner Defensive schlecht aussah.
Die beste Chance auf einen möglichen Sieg verpasste Ambri im Mitteldrittel. Die Tessiner konnten nach Fabian Heldners Ausschluss fünf Minuten lang in Überzahl spielen, es gelang ihnen aber nicht, in dieser langen Phase ein überzeugendes Powerplay aufzuziehen. Die Matchstrafe gegen Lausannes Verteidiger war umstritten, die TV-Bilder konnten keinen 100-prozentigen Beweis liefern, ob er Dominic Zwerger zunächst am Kopf oder «nur» an der Brust getroffen hatte. Im Gegensatz zu anderen Ligen wie die NHL oder die CHL können die Schiedsrichter in der National League potenzielle 5-Minuten-Strafen nicht per Video-Review überprüfen gehen – die Schweizer Clubs wollen das nicht …

Alatalo trifft in der Overtime
Länger, ausgeglichener und wilder war die Partie knapp 80 Kilometer entfernt in Lugano. Die Partie wogte hin und her und war wie jene in Ambri-Piotta von umstrittenen Szenen geprägt. Lugano führte nach dem Startdrittel 1:0, lag zwischenzeitlich 1:2 zurück und kassierte spät den 3:3-Ausgleichstreffer. Schnell ging es in der Overtime, in der Verteidiger Santeri Alatalo nach einem Bully per Weitschuss nach nur 147 Sekunden für die Entscheidung sorgte. Nach ihrem 2:1-Sieg in Genf am Freitag sorgten die Tessiner damit fürs jähe Saisonende Servettes – Lugano trifft ab nächstem Freitag in Runde 1 des «richtigen» Playoffs im Best-of-7 auf Qualifikationssieger Zug.
Bitter ist das Aus hingegen für Servette. Die Genfer waren in der zweiten Saisonhälfte das stärkste Team der Liga und hätten nach einem eindrücklichen Schlussspurt um ein Haar die direkte Qualifikation fürs Playoff geschafft – nur ein weiterer Punkt fehlte dazu. Servette hatte bereits in Spiel 1 gegen Lugano keinen schlechten Eindruck hinterlassen und hätte durchaus auch am Sonntag den für Spiel 3 nötigen Auswärtssieg einfahren können.
Die Genfer steckten einen frühen Tiefschlag weg: Verteidiger Henrik Tömmernes, Servettes Topskorer und Liga-MVP, verletzte sich nach nur 20 Sekunden und einem (fairen) Check Justin Abdelkaders. Der Schwede kam noch für zwei Shifts aufs Eis, musste danach aber passen.
Immer wieder Abdelkader
Abdelkader, der erst vor einem Monat zu Lugano gestossen war, war eine der entscheidenden Figuren. Seine Sturmlinie mit Calvin Thürkauf und Daniel Carr stand bei allen drei Toren Luganos in der regulären Spielzeit auf dem Eis. Mit seinem forschen und geradlinigen Spiel sorgte das Trio konstant für Unruhe bei Servette. Abdelkader erzielte das 1:0 (17.), Thürkauf kurz vor Ablauf einer Genfer Strafe das 2:2 (30.). Und als Elia Riva Lugano im Schlussdrittel wieder in Führung schoss (47.), war Abdelkader einmal mehr aktiv in Servettes Slot.
Wichtig war vor allem das 2:2, das keine Minute nach Servettes Unterzahltor durch Noah Rod fiel. Die Genfer hatten da nach Mike Völlmins Ausgleich (23.) das Spiel gekehrt und das Momentum der Partie auf ihrer Seite. Der Treffer des Verteidigers war umstritten, Lugano reklamierte wohl nicht zu Unrecht ein Genfer Foul (hoher Stock Tyler Moys) am Ursprung des Angriffs.
Trotz Rückstand im Schlussdrittel bewahrte Servette in der äusserst emotionalen Atmosphäre in der sehr lauten Corner Arena kühlen Kopf und kam durch Tanner Richard (53.) zum späten Ausgleich. In der Overtime standen die Genfer dem Sieg zunächst näher – bis Alatalo dann aber für Lugano traf. Unverdient war der Sieg Luganos keinesfalls. In der dramatischen und äusserst hektischen Schlussphase der regulären Spielzeit hatte Riva vier Sekunden vor der Sirene die Latte getroffen.
Kristian Kapp ist Sportredaktor bei Tamedia.
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