Der Hinterzimmer-Haushälter rückt ins Rampenlicht
Mittags isst Jack Lew nicht mehr als ein Käsesandwich. Auf den bescheidenen New Yorker warten als Nachfolger von Finanzminister Geithner gigantische Aufgaben. Sorge bereitet seine Handschrift.
Die Nominierung von Jack Lew zum neuen US-Finanzminister durch Präsident Barack Obama ist nach Medienberichten offiziell bestätigt worden. Ein Regierungsbeamter sagte in Washington, Obama werde die Entscheidung für seinen bisherigen Stabschef am Nachmittag bekannt geben.
Jack Lew gilt als bescheidener Mann, er sucht nicht die grosse Öffentlichkeit und soll sich sogar sein eigenes Mittagessen mit ins Büro nehmen. Ein Apfel und ein Käsesandwich, schrieb die «New York Times». Doch die Aufgabe, die vor Jacob «Jack» Lew liegt, ist gigantisch. Damit rückt Lew ins Rampenlicht des erbitterten Haushaltsstreits, an dem er bislang vor allem hinter den Kulissen beteiligt war.
Lew ist seit Januar 2012 Obamas Stabschef und somit einer der engsten Mitarbeiter des Präsidenten. Vom Weissen Haus aus wachte der erfahrene Etatmanager zuletzt über die Verhandlungen mit den Republikanern über die sogenannte Fiskalklippe, die kurz nach dem Jahreswechsel in einen notdürftigen Kompromiss mündeten: Die Steuererhöhungen für die Masse der Amerikaner wurden zwar abgewendet, das Problem der massiven Ausgabenkürzungen aber lediglich um zwei Monate verschoben.
Veränderung der Prioritäten
Bei der Vorgeschichte der Fiskalklippe im Sommer 2011, als sich Demokraten und Republikaner über die Erhöhung der gesetzlichen Schuldenobergrenze zankten, verhandelte Lew als Chef der Haushaltsabteilung des Weissen Hauses direkt mit den führenden Politikern im Kongress. Und bereits Ende der 90er Jahre, als Lew in gleicher Funktion für Präsident Bill Clinton arbeitete, schacherte er mit republikanischen Widersachern um das Budget - und sorgte damals mit dafür, dass die USA mehrere Jahre lang einen Haushaltsüberschuss einfuhren.
In der Entscheidung für Lew spiegelt sich die Veränderung der politischen Prioritäten in Obamas erster Amtszeit wider. Vor vier Jahren holte der Präsident den Notenbanker Geithner in sein Kabinett, um die Finanzkrise zu bekämpfen. Mittlerweile ist angesichts einer Staatsverschuldung von mehr als 100 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung ein Budgetexperte gefragt. Mit Lew stelle sich Obama auf einen anhaltenden Konflikt mit den Republikanern über die Staatsfinanzen ein, urteilt die «Washington Post».
Die USA sind ohne endgültiges Budget für das vergangenen Oktober begonnene Haushaltsjahr 2013, eine Übergangsregelung sichert die Staatsfinanzierung noch bis Ende März. Dazu kommt die ungelöste Frage der drakonischen Kürzungen im Zusammenhang mit der Fiskalklippe. Schliesslich muss der Kongress erneut die gesetzliche Schuldenobergrenze anheben. Die Zahlungsfähigkeit der USA wird seit dem 31. Dezember nur durch Sondermassnahmen wie das Aussetzen von Beiträgen in die staatliche Pensionskasse gesichert. Spätestens Ende Februar ist dieser Puffer aber aufgebraucht.
Als Investmentbanker verdiente er Millionen
Unter Republikanern geniesst Lew nicht unbedingt einen guten Ruf. Bei den Verhandlungen im Sommer 2011 nervte der Absolvent der Eliteunis Harvard und Georgetown Repräsentantenhaus-Chef John Boehner und dessen republikanische Kollegen mit einem unnachgiebigen und detailversessenen Auftreten. Kritiker werfen Lew auch fehlende Expertise in Finanzfragen vor. Immerhin kann er drei Jahre in verantwortlichen Positionen bei der Grossbank Citigroup vorweisen - wo er von 2006 bis 2008 im Investmentbanking ein Millionengehalt einstrich.
Lew wuchs im New Yorker Stadtteil Queens auf. Sein Vater, der als Kind aus Polen in die USA eingewandert war, war Anwalt. Auch Lew wurde Jurist, Karriere machte der tiefgläubige Jude aber in Washington. Ende der 70er Jahre heuerte er beim demokratischen Abgeordneten Thomas O'Neill an, der damals Vorsitzender des Repräsentantenhauses war. Nach einem Zwischenstopp in einer Grosskanzlei holte ihn Clinton 1993 schliesslich ins Weisse Haus.
Krickelkrakel auf dem Dollar
Für Kritik sorgt vorab die Unterschrift Lews, die künftig die Dollarscheine zieren dürfte. Denn jeder US-Dollar erhält die elektronische Unterschrift des Finanzministers, der beim Drucken des Geldscheins im Amt ist. Der scheidende Finanzminister Timothy Geithner und andere Ressortchefs verewigten sich dabei mit lesbarer, eleganter Schrift. Lews Unterschrift, die aus mehreren verschieden grossen Kringeln besteht, erinnert dagegen eher an ein Telefonkabel oder eine Sprungfeder. Welcher Name sich hinter dem Krickelkrakel verbirgt, ist nicht zu erkennen (siehe Bildstrecke).
«Das ist die merwürdigste und mysteriöseste Unterschrift, die wir in einem Vierteljahrhundert gesehen haben», hiess es auf der Experten-Webseite graphologyconsulting.com. Lew habe «die schlimmste Unterschrift der Welt», schrieb Kevin Roose im «New York Magazine». «Und bald wird sie auf jedem Dollarschein stehen.» Die Unterschrift des künftigen Finanzministers sehe aus «wie die Haare von Sally Brown bei den Peanuts», schrieb Roose.
AFP/kle
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