Der gewitzte Medaillenhamster
Théo Gmür avancierte mit nur 21 Jahren zur grossen Figur der Paralympics. Wer ist der Mann, der seine Gegner so alt aussehen liess?
Ob Abfahrt, Super-G oder Riesenslalom, Théo Gmür war an den Paralympics in Pyoengchang einfach nicht zu schlagen. Der Walliser, der seit dem dritten Lebensjahr wegen eines Hirnödems halbseitig gelähmt ist, sicherte sich in der Kategorie «stehend» dreimal Gold. Die Gegner müssen sich vorgekommen sein wie FBI-Ermittler Carl Hanratty (Tom Hanks), der den genialen Trickbetrüger Frank Abagnale junior (Leonardo Di Caprio) im Hollywoodfilm «Catch Me If You Can» die längste Zeit einfach nicht zu fassen bekommt.
Anders als Abagnale, der es mit seinen Wagnissen übertreibt und schliesslich festgenommen wird, beschloss Gmür, es gut sein zu lassen, nachdem er den Riesenslalom gewonnen hatte. «Ich war extrem nervös, hatte während des ersten Laufes Bauchkrämpfe. Jetzt bin ich müde, einfach nur müde», erklärte er und fügte an: «Den Slalom werde ich nicht bestreiten. Ich möchte jetzt die Paralympics einfach nur geniessen.» Erstaunliche Reife nennt man das bei jungen Sportlern in der Regel. Théo Gmür ist erst 21 Jahre alt.
Bei der Ankunft in Südkorea habe er sich eine Medaille gewünscht, dann sei sein Appetit immer grösser geworden, berichtete der Paralympics-Debütant. «Es ist unfassbar, was da passiert. Ich kann es noch gar nicht einordnen.» Nun wurde ihm auch noch die Ehre zuteil, an der Schlussfeier die Schweizer Fahne zu tragen. Einen Spitznamen hat Gmür ebenfalls schon: «Unser Goldjunge von Pyeongchang» nannte ihn der «Blick» und fragte, ob der Überflieger nun reich und berühmt werde.
Die beiden Fragen müssen vorerst mit Nein beantwortet werden. Mit etwas mehr als 1100 Abonnenten auf Instagram und insgesamt 12'000 Franken Prämie von Swiss Olympic bleibt der Medaillenvielfrass von Pyeongchang ein kleiner Fisch. Zum Vergleich: Eine olympische Goldmedaille brachte den Schweizer Gewinnern 40'000 Franken ein. Lara Gut, die in Südkorea leer ausging, bringt es auf rund 374'000 Instagram-Follower.
Jene, die von Gmürs grossartigen Leistungen Notiz genommen haben, werden ihm aber bestimmt das entgegenbringen, was er sich verdient hat: allergrösste Anerkennung. Unter den Gratulanten war auch Bundesrat und Sportminister Guy Parmelin. Und vielleicht findet sich nun auch ein Sponsor, der die drei Goldmedaillen zu würdigen weiss. Private Geldgeber sind im Behindertensport leider noch immer Mangelware. Auch weil Wettkämpfe ausserhalb des paralympischen Programms medial kaum Beachtung finden. Wer weiss schon, dass Gmür im vergangenen Jahr mit dem Gewinn des Gesamtweltcups bereits einen Coup landete? Es gibt aber Beispiele, die Hoffnung machen: Edith Hunkeler, Marcel Hug oder Heinz Frei sind mittlerweile den meisten Sportfans ein Begriff.
Théo Gmür, dessen Muttersprache Französisch ist, setzt ohnehin nicht nur auf die Karte Spitzensport. Er absolviert parallel ein Sportstudium, und das auf Deutsch. Seine Zelte hat er dafür in Biel aufgeschlagen, in direkter Nachbarschaft zur Eidgenössischen Sporthochschule in Magglingen. «Magglingen ist die ideale Lösung für meine berufliche Ausbildung neben dem Sport. Es sei zwar nicht einfach, beides unter einen Hut zu bekommen, doch er bekomme hervorragende Unterstützung, sagt Gmür. Auch von den Kommilitoninnen und Kommilitonen. «Sie stellen mir nach Abwesenheiten ihre Notizen zur Verfügung und informieren mich, was besprochen wurde.»
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