Der fortwährende Ruf nach einer Ombudsstelle
Der jüngste Vorfall bei der Reitschule bringt eine alte Forderung aufs Tapet: jene nach einer unabhängigen Beschwerdestelle bei umstrittenen Polizeieinsätzen.

Im schweizweiten Vergleich agiert die Berner Kantonspolizei auf einem besonders harten Pflaster: Über 200 – teils unbewilligte – Demonstrationen pro Jahr, Hochrisikospiele im Fussball, Fanmärsche und Einsätze gegen den Drogenhandel vor dem linksautonomen Kulturzentrum Reitschule stehen allein in der Stadt Bern an.
Polizeieinsätze an diesen Brennpunkten eskalieren schnell einmal. Im Nachgang muss sich die Polizei von linker Seite oft den Vorwurf gefallen lassen, unverhältnismässig reagiert zu haben.
Jüngst vor einer Woche, als zwei Polizisten bei der Reitschule aufs Trottoir fuhren, wo sich Menschen aufhielten. Oder letzten September, als ein Grossaufgebot an Polizeinbeamten Gummischrot gegen Chaoten vor der Reitschule abfeuerte.
«Nutzen nicht ausgewiesen»
Was es mit den Anschuldigungen gegen die Polizisten auf sich hat, bleibt meistens offen, ebenso wie der Einsatz intern aufgearbeitet wird. Städtische Linksparteien stören sich seit jeher daran. Sie befürchten, dass polizeiliches Fehlverhalten ungeahndet bleibt. Nach dem jüngsten Vorfall wiederholten deshalb linke Parteien die Forderung nach einer unabhängigen Beschwerdestelle für die Kantonspolizei.
Der kantonale Polizeidirektor Philippe Müller sieht jedoch keinen Handlungsbedarf. Legitimiert sieht er seine Haltung durch Entscheide des Grossen Rates. «Die Schaffung einer Ombudsstelle wurde in den letzten Jahren mehrmals abgelehnt, letztmals bei der Beratung des Polizeigesetzes letztes Jahr», hält der FDP-Regierungsrat fest. Das gelte es zu respektieren.
In seiner Vernehmlassungsantwort zum Polizeigesetz schrieb der Regierungsrat damals: «Die Einführung von Beschwerdestellen brächte verschiedene Probleme mit sich – insbesondere im Verhältnis zu den ordentlichen Zuständigkeiten der Strafverfolgungs- sowie Verwaltungs(justiz)behörden. Und ihr Nutzen ist nicht ausgewiesen.»
In einer Vorstossantwort zum Thema wies die Kantonsregierung zudem daraufhin, dass Bürger bereits heute mehrere Instrumente hätten, um gegen unverhältnismässige Polizeieinsätze vorzugehen. Sie verwies insbesondere auf die sogenannte Aufsichtsanzeige bei der zuständigen Direktion.
Die Motionärin Simone Machado Rebmann (GPB-DA) nannte dieses Instrument in einem «Bund»-Artikel jedoch «form- und zahnlos». Die mutmasslichen Opfer hätten keine Möglichkeit zu prüfen, ob den Vorwürfen nachgegangen werde.
Bei der Thematik tritt stets der Stadt-Land-Graben zutage. Verlangt der links-dominierte Stadtrat eine unabhängige Untersuchung, läuft die Forderung ins Leere. Denn es ist kantonalen Gremien vorbehalten, das Verhalten von Kantonspolizisten zu untersuchen. Im bürgerlich-dominierten Grossen Rat haben solche Forderungen jedoch kaum Chancen.
Begrenzte Befugnisse
Andere Kantone oder Städte sehen die Thematik anders. So zum Beispiel die Stadt Zürich, welche die Hoheit über die Stadtpolizei hat. So können in der Stadt Zürich Personen, welche sich als Opfer eines polizeilichen Übergriffs sehen, sich an eine unabhängige Beschwerdestelle wenden.
Das Verfahren des Ombudsmannes stösst jedoch rasch an Grenzen, wenn dem Polizeibeamten ein Strafverfahren droht oder ein solches eingeleitet worden ist. Und die Ombudsstelle hat keine Befugnis, verbindliche Entscheide zu treffen.
Im Ausland gibt es Aufsichtsstellen, die mit deutlich mehr Macht ausgestattet sind. So beispielsweise in Nordirland. Dort ist die Polizei-Ombudsstelle nicht ein Teil der Verwaltung, sondern nur dem Parlament rechenschaftspflichtig. Zudem hat die Stelle das Recht, aus eigenem Antrieb tätig zu werden und der Polizei Empfehlungen zu machen. Und diese muss über deren Umsetzung Bericht erstatten.
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