Detailhandel in BernDer Fachkräftemangel macht Loeb am meisten Sorgen
Jelmoli in Zürich gibt es bald nicht mehr. Die Berner Warenhauschefin Nicole Loeb blickt zuversichtlich in die Zukunft und hat viele Ideen, wie sie das Geschäft weiterführen will.

Nach der Jelmoli-Schliessung treibt die Branche eine grosse Frage um: Wie schlecht steht es wirklich um die Warenhäuser? In Zürich wurde die Schliessung vom Warenhaus Jelmoli kommuniziert. 850 Mitarbeitende sind von der Schliessung des Warenhauses per 2024 betroffen.
Sieht es also düster aus für die Warenhäuser? «Nein», sagt Firmenchefin Nicole Loeb. Die Verwaltungsratsdelegierte zeigt sich überzeugt, dass gute Konzepte eine Zukunft haben, wenn die Positionierung und die lokale Verankerung stimmten. Wichtig sei, dass man dauernd investiere. Darum baute Loeb die Geschäfte in Bern, Thun und Biel während Corona um und profitiere nun davon.
Loeb hat nach der Pandemie 2022 Fahrt aufgenommen. Der Umsatz steig um 11 Prozent auf 76,7 Millionen Franken. Der Betriebsgewinn kletterte gar um fast 70 Prozent auf 4 Millionen. Das Warenhausgeschäft ist so erfolgreich wie seit 2014 nicht mehr. Wegen der Börsentaucher sorgte das schlechte Finanzergebnis dennoch unter dem Strich für einen kleinen Verlust von 0,4 Millionen.
Wichtig sei, dass das Angebot über den Verkauf von Produkten hinausgehe. Als Beispiel nennt sie die Showküche im Loeb. Die Flächen, die dafür nötig sind, bleiben aber laut Loeb überschaubar. Was läuft denn aktuell besonders gut? «Haushaltsartikel, Dinge, die man zu Hause und für die Familie braucht», sagt Nicole Loeb.
Mehr Kunden nach Globus-Neupositionierung
Loeb kann auch von der Schliessung respektive Neupositionierung des Warenhauses Globus im Luxussegment profitieren. «Wir haben schon einen Zuwachs von Kundinnen und Kunden festgestellt, gerade im Kleidersortiment.» Es könne durchaus ein Vorteil sein, wenn sich ein Konkurrent in einem ganz anderen Segment neu positioniere.
Der typische Loeb-Kunde sei gut informiert und an Trends interessiert. Er wünsche einen persönlichen Service und Beratung und schätze die «persönliche» Stimmung und das grosse Angebot unter einem Dach und kaufe zunehmend hybrid ein, also im Laden und im Internet. Im Online-Geschäft arbeitet Loeb seit einem Jahr in einer Partnerschaft mit Zalando zusammen, wo Loeb die Plattform des deutschen Onlinehändlers nutzen kann. Somit hat Loeb sehr grosse Reichweite, die das Warenhaus nie selbst herstellen könnte. Das Geschäft entwickle sich gut, sagt Nicole Loeb. Um Zahlen zu nennen, sei es noch zu früh.
Die treue Kundschaft
Loeb profitiere von einer treuen Kundschaft. Oft kämen bereits die Kinder mit ihren Eltern in die Spielwarenabteilung. Darum habe sie auch in diesem Bereich viel investiert und eine Erlebniswelt geschaffen. In der Pubertät verliere man die Jungen als Kunden, weil es nicht mehr cool sei, am gleichen Ort einzukaufen wie die Eltern. «Wenn sie dann eine eigene Wohnung beziehen oder eine Familie gründen, kommen sie oft zurück in die Haushaltsabteilung von Loeb.»
«In Zukunft möchte ich noch mehr Events im Laden durchführen,» sagt Nicole Loeb. Das sei wichtig für die Kundenbindung. Sie spricht von «Ladies-, Men- oder Food-Nights» mit Attraktionen wie Live-Tattoos oder einer persönlichen Style-Beratung.
Im Herbst erfüllt sich dann einer ihrer Träume. Auf dem Dach eröffnet ein italienisches Restaurant mit 70 Innen- und 70 Aussenplätzen. Die Pächter sind jene, welche die Berner Traditionsrestaurants Fédéral und den Obstberg betreiben. Das Restaurant wird auch ausserhalb der Ladenöffnungszeiten zugänglich sein.
Loeb spürt den Fachkräftemangel
Und wie ist aktuell die Konsumstimmung? Der Krieg in der Ukraine, der kurz nach dem Ende der Corona-Schutzmassnahmen begann, drückte die Umsätze. Aktuell helfe sicher, dass die Arbeitslosigkeit tief sei und die Konsumentinnen und Konsumenten keine Angst um ihre Stelle hätten.
Bei Loeb arbeiten derzeit 320 Mitarbeitende. Auch das Warenhaus spürt den Fachkräftemangel, beispielsweise bei spezialisierten Verkaufsberufen. Manchmal dauere es heute länger, bis man die Stelle besetzt habe. Es sei ebenfalls schwieriger geworden, Lehrlinge zu finden.
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