Greenback im AbwärtssogDer Dollar sinkt und sinkt und sinkt
Nur noch gut 87 Rappen kostet ein Dollar. Das gab es seit 6 Jahren nicht mehr. Analysten sehen einen Grund im Showdown um den US-Senat.

Die Schwächephase des Dollar hält auch im neuen Jahr an. Die US-Devise markiert am Dienstag einen weiteren Tiefststand seit Januar 2015, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgegeben hatte.
Seit 2015 bewegte sich der Dollar stets mehr oder weniger in einer Spanne zwischen 0,90 und 1,00 Franken auf und ab. Ab August des vergangenen Jahres zeichnete sich ein neuer Abwärtstrend ab, der den Dollar immer wieder auf neue Mehrjahrestiefststände sinken liess. Dabei testete er im Dezember die Kursmarke von 88 Rappen, die er klar nun unterschritten hat.
Aktuell kostet die Weltleitwährung noch 0,8765 Franken. Damit erreicht der Dollar einen neuen Tiefstand seit dem 18. Januar 2015, als er zu 0,8609 Franken gehandelt wurde. Noch weniger kostete der Greenback im August 2011, bevor die SNB die Kursuntergrenze eingeführt hatte. Damals notierte der Dollar gar deutlich weniger als 80 Rappen.
Auch gegenüber dem Euro büsste der Dollar aktuell an Wert ein und kostet aktuell 1,2338 Euro. Gegenüber dem Franken wird der Euro mit 1,0812 Franken gehandelt.
Dollar schwächer
«Momentan sieht es eher negativ aus für den Dollar», sagte Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank. Das hänge mit den Wahlen in Georgia zusammen. «Es sieht so aus, als ob Joe Biden die Mehrheit im Senat übernehmen könnte. Dies wäre unerwartet.» Wenn die Demokraten gewännen, stiegen die Schulden in den USA tendenziell stärker, was wiederum den Dollar belaste, erklärt Stucki.
«Bei einem Sieg könnte Biden die Ausgabenprogramme einfacher durch den Kongress bringen», sagt Stucki. Dadurch würden die Schulden in den USA tendenziell weiter steigen.
Ähnlich sieht es die Valiant Bank. «Sollten sich die Demokraten beide Senatssitze bei dieser Stichwahl sichern, könnte sich das Patt im US-Senat auflösen und zugunsten von Joe Biden auflösen und somit zu grösserer Staatsausgaben führen», schreibt die Bank in ihrem Kommentar. Zusammen mit der expansiven Geldpolitik würde dies den Greenback zusätzlich belasten.
Darüber stiegen mit dem Sieg der Demokraten auch die Chancen auf einen grundsätzlichen Wandel hin zu umfangreicheren Infrastruktur-Investitionen und zur Förderung einer CO2-freien Wirtschaft, schreibt Andreas Busch von der Bantleon Bank.
Die US-Notenbank Fed dürfte die Ausgabenfreude des Staates begrüssen und daher zunächst an ihrer ultraexpansiven geldpolitischen Ausrichtung festhalten, weil sie sich explizit ein Überschiessen der Inflation über das 2-Prozent-Ziel auf die Fahne geschrieben habe.
Wann kommt die Gegenreaktion?
Aktuell betrachtet werde sehr stark gegen den Dollar spekuliert. Stucki rechnet mit einer starken Gegenreaktion, sobald sich klar herausstelle, dass sich im Laufe des Jahres die US-Wirtschaft schneller und stärker von der Corona-Krise erhole als die europäische. «Und davon gehe ich aus», sagt Stucki.
Dann träten die alten Probleme Europas wie die Unterschiede zwischen den Ländern oder die Verschuldung einzelner Länder wieder stärker hervor. Das stärke dann den Dollar zum Euro und konsequenterweise auch zum Franken. «Der Franken läuft mit dem Euro mit.»
Unterstützt werden könnte eine Gegenreaktion zudem von den Inflationserwartungen, die bereits auf rund 2 Prozent zugenommen hätten. Das Fed wolle ja mehr Inflation zulassen. Und höhere Inflation lässt laut Händlern in der Regel die Zinserhöhungserwartungen steigen, was sich wiederum in höheren Anleiherenditen ausdrückt. «Das Kapital fliesst stets in die Richtung, wo mehr Rendite winkt», sagt ein Händler.
Hat die SNB eingegriffen?
Dass die SNB am Markt zulasten des Franken eingegriffen haben könnte, weil sie im Dezember von den USA als Währungsmanipulator gebrandmarkt wurde, glaubt die Valiant Bank nicht. Auch wenn die gesunkenen Sichteinlagen der Banken bei der SNB darauf hindeuten würden, dass die helvetischen Währungshüter nach der amerikanischen Kritik ihr Verhalten geändert haben könnten.
Die aktuelle Zurückhaltung der SNB beruhe aber vor allem auf der gegenwärtigen Stimmung an den Finanzmärkten, die trotz der anhaltenden Corona-Pandemie von Optimismus und von einer grösseren Risikoneigung geprägt sei, hiess es.
SDA
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