
Der Name Greenpeace steht für wagemutige Aktivisten, die sich mit Speedbooten zwischen Wale und Walfangschiff werfen, in 35 Meter Höhe auf dem Schlot einer Pestizidfabrik Transparente entrollen und Totenköpfe auf die Aussenhülle von Atomkraftwerken malen. Man tut Greenpeace aber wohl kein grosses Unrecht mit der Annahme, dass die Umweltschutzorganisation ihrem Anliegen mit der missglückten Gleitschirm-Aktion über dem Münchner Fussballstadion einen Bärendienst erwiesen hat.
Der Begriff kommt übrigens aus der Fabel, wonach ein zahmer Bär sah, dass ein Mückenschwarm sich über seinen schlafenden Herrn hermachte, und einen Stein nach den Plagegeistern warf. Weil er aber stark war, wie ein Bär es eben ist, traf der Stein den Herrn und tötete ihn.
«Greenpeace war gut beraten, sich für die tölpelhafte und unverantwortliche Aktion wenigstens zu entschuldigen.»
So schlimm kam es glücklicherweise nicht, als sich der motorisierte Gleitschirm eines Greenpeace-Aktivisten in einem über die Arena gespannten Kabel verhedderte, abschmierte und wie ein unfreiwilliger Kamikazeflieger dicht über die Köpfe der Zuschauer raste, kurz vor Anpfiff des EM-Fussballspiels zwischen Deutschland und Frankreich. Aber es gab zwei Verletzte, und es hätte noch weit übler ausgehen können.
Es hagelt nun Kritik, im Netz und von offiziellen Stellen. Greenpeace war gut beraten, sich für die tölpelhafte und unverantwortliche Aktion wenigstens zu entschuldigen. Man muss das Ganze auch nicht zu hoch hängen oder gar, wie der deutsche CDU-Politiker Friedrich Merz, gleich die Gemeinnützigkeit der Organisation infrage stellen.
Stadien sind verwundbar
Wichtiger ist ohnehin etwas anderes: Plötzlich steht der Öffentlichkeit sehr deutlich vor Augen, wie verwundbar Orte wie Stadien aus der Luft sind, in denen sich sehr viele Menschen auf engem Raum versammeln. Der Öko-Bruchpilot wollte als Protest gegen einen als klimaschädlich betrachteten EM-Sponsor nur einen grossen Ball über dem Spielfeld abwerfen.
Aber Fluggeräte wie motorisierte Gleitschirme oder Drohnen, die es noch gar nicht so lange gibt, kann sich inzwischen jeder leicht beschaffen, auch Terroristen können das. Islamistische Mordtrupps haben schon das Stade de France in Paris angegriffen; die Gefahr, dass ein Gleitschirmflieger über einem Stadion erscheint und nicht so harmlose Fracht mitführt wie jener vom Dienstag, erscheint so unrealistisch nicht.
Gewaltige Herausforderungen
Ferngesteuerte Drohnen, die schon mehrmals über Stadien für Unruhe sorgten, sind inzwischen als Problem erkannt. Sie lassen sich wenigstens durch elektronische Technologie stören und ausser Gefecht setzen, vorausgesetzt natürlich, die entsprechende Ausrüstung ist am Ort des Geschehens, was noch selten der Fall ist. Oder die Polizei schnappt rechtzeitig den, der die Drohne fernsteuert. Aber was tun mit einem kleinen bemannten Fluggerät, das man leicht von einer viele Kilometer vom Ziel entfernten Wiese Richtung Flugverbotszone starten kann?
Dürfte man einen Gleitschirmflieger mit Waffengewalt ausschalten, wenn man im Zweifel gar nicht weiss, ob er wirklich eine Bedrohung ist? Es wäre eine extrem schwierige Entscheidung. Es liesse sich versuchen, einen Gleitschirmflieger mit dem Polizeihelikopter abzudrängen, was gefährlich genug wäre. Sicher ist nur: Die Luftraumüberwachung steht vor einer gewaltigen Herausforderung.
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Analyse zur Greenpeace-Protestaktion – Der Bruchpilot zeigt eine Schwachstelle auf
Mit der gefährlichen Gleitschirm-Aktion in der Münchner Arena hat Greenpeace sich keinen Gefallen getan. Deutlich wurde aber ein ganz neues Problem für die Sicherheitsbehörden.