Der 63. Fehler war einer zu viel
Roger Federer zeigte im Australian-Open-Halbfinal gegen Rafael Nadal grosses Tennis, zog aber trotz Satzführung und frühem Break im zweiten Durchgang den Kürzeren.
Roger Federer muss weiter auf seinen ersten Major-Sieg seit dem vorletzten Turnier in Melbourne warten. In einer packenden Partie unterlag der Weltranglistendritte, der als Favorit gehandelt worden war, dem kämpferisch immens starken Rafael Nadal 7:6, 2:6, 6:7, 4:6. Anders als noch im letztjährigen French-Open-Final war die Kampfkraft des vierfachen Australian-Open-Siegers aber bis zum Schluss ungebrochen. Es waren die 63 unerzwungenen Fehler bei 46 Winnern die ihm schliesslich die Niederlage einbrockten.
Dabei hatte Federer einen Traumstart in den Halbfinal gegen seinen langjährigen Erzrivalen erwischt. Schon nach wenigen Minuten führte der Schweizer dank mutigem Offensivspiel mit 3:0. Im achten Game schaffte Nadal aber quasi aus dem Nichts ein Rebreak, und weil beide Spieler in der Folge ihren Service halten konnte, kam es zum Tiebreak. Dort gelang Federer gleich zu Beginn ein Minibreak, ein Vorteil, den er sich nicht mehr nehmen liess. Die Kurzentscheidung ging mit 7:5 an den Baselbieter, was dieser mit einem lauten Jubelschrei quittierte, der auch für seine Zwillinge auf der Tribüne gut hörbar war.
Beflügelt von der Satzführung durchbrach Federer im zweiten Durchgang erneut den Aufschlag seines Kontrahenten. Diesmal war die Breakführung aber von noch kürzerer Dauer: Schon im folgenden Game musste er das Rebreak hinnehmen. Nadal bewies einmal mehr, dass er dann am gefährlichsten ist, wenn er in die Defensive gedrängt wird. Im Vergleich zu seiner 3:6, 0:6-Niederlage an den ATP World Tour Finals im November wirkte der French-Open-Champion wie ausgewechselt, nicht nur weil seine Topspin-Bälle in Melbourne höher abspringen als in der Londoner Halle. «Wenn ich den zweiten Satz verloren hätte, wäre es ganz eng geworden», sagte Nadal später in seiner ersten Matchanalyse. «Führt Federer mit 2:0 Sätzen, wird er immer aggressiver und ist nicht mehr zu stoppen.»
Frühes Break im zweiten Satz nützt Federer nichts
Beim Stand von 2:2 bot sich Federer noch einmal die Chance zum Servicedurchbruch, ehe zwei Vorhandfehler des 16-fachen Major-Champions dieses Vorhaben torpedierten. So war es Nadal, der die Vorentscheidung in diesem Durchgang mit dem Break zum 4:2 herbeiführte. Einen guten Angriff von Federer beantwortete der Mallorquiner mit einem schier unglaublichen Longline-Passierball. Federers Schwierigkeiten mit dem Aufschlag führten nach einer gut zehnminütigen Pause für das Feuerwerk des australischen Nationalfeiertags zu einem weiteren Break und dem Satzausgleich für Nadal.
Im dritten Durchgang wankte erneut Federer als Erster. Beim Stand von 0:1 und 0:40 musste der Sieger der ATP World Tour Finals drei Breakbälle am Stück abwehren. Er umschiffte die scharfen Klippen aber und gewann neues Selbstvertrauen. Das zahlte sich im siebten Game aus: Im dritten Anlauf, unter anderem nach Nadals erstem Doppelfehler der Partie, gelang Federer der Servicedurchbruch. Wer nun glaubte, der Satz sei schon entschieden, sah sich jedoch getäuscht. Mit der Extrakraft von Trotz und Wut, korrigierte Nadal den Betriebsunfall mit dem sofortigen Rebreak. Federer war am Netz zu unentschlossen und blieb mit seinen Grundschlägen auf einmal wieder etwas zu kurz.
Im Tiebreak vom 1:6 zum 5:6 – und doch verloren
Bei 5:5 und 15:30 aus Nadals Sicht schien Federer am zweiten Break zu schnuppern. Er schlug aber zwei Vorhandbälle aus guter Position ins Netz und musste wenig später bei 5:6 und 30:40 einen Satzball abwehren. Federer tat es mit einem grossartigen Vorhand-Cross nach dem zweiten Aufschlag. Ein Service-Winner brachte ihn schliesslich ins Tiebreak. Dort holte sich Nadal mit einem Stopp, den Federer nur ungenügend retournieren konnte, das erste Minibreak. Der Spanier stellte erst auf 4:1 und dann mit zwei weiteren Minibreaks auf 6:1. Federer kam aber noch einmal zurück und verkürzte auf 5:6, ehe Nadal den Sack nach 67 Minuten doch noch zumachte. «Beim 6:5 war ich unglaublich nervös, es ist hart, so viele Satzbälle zu vergeben», kommentierte Nadal diese heisse Phase.
Durchgang Nummer 4 brachte diverse heikle Situationen für Federer. Bis zum 3:2 musste der 30-Jährige gegen den fünf Jahre jüngeren Nadal drei weitere Breakbälle abwehren, einen bei 1:1, zwei bei 2:2. Ein Netzroller von Nadal, den Federer mit einem Vorhand-Winner beantwortete, brachte im achten Game einen Breakball für Federer. Der Baselbieter vergab ihn mit einem eigentlich guten Vorhand-Cross um wenige Zentimeter, Nadal hielt den Service in extremis.
Matchball abgewehrt, aber riesige Chance zum Rebreak verpasst
Im folgenden Spiel nahm der Spanier Federer den Aufschlag ab und konnte darauf zum Finaleinzug servieren. Bei 40:30 besass Nadal seinen ersten Matchball, doch Federer powerte ihn mit der Vorhand in die Ecke und zog den Kopf vorerst aus der Schlinge. Das Glück schien wieder auf Federers Seite zu kippen. Seinen ersten Breakball setzte der Schweizer aber nach einem Lob per Not-Smash ins Out, den zweiten mit einem Backhand-Return ins Netz. So kam es, wie es kommen musste: Nadal bekam einen weiteren Matchball, und dieser brachte dem Spanier die Erlösung. Federer erzeugte zwar enormen Druck, der letzte Vorhandball geriet ihm aber ein kleines Stück zu lang.
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