Kunstspektakel für 160’000 FrankenDeichkind benutzen Lars Eidinger als menschlichen Pinsel
Grösser gehts immer: In einer gemeinsamen Aktion der Rapgruppe Deichkind und dem Schauspieler Lars Eidinger ist ein 200 Quadratmeter grosses Bild entstanden. Das wird nun verkauft.

Hängen, tunken, wisch, dreh, Punkt, Punkt, Komma, Strich ... Deichkind malen Michelangelos Deckenfresko «Die Erschaffung Adams» nach. Mit einem menschlichen Pinsel namens Lars Eidinger.
Tatsächlich hängt der Schauspieler in dem achtminütigen Film, der bei der letzten Tour der Band vor Corona als Eröffnungsvideo lief, nackt an einem Stahlseil, wird in Farbe getaucht und räkelt sich dann in recht kunstvollen Bewegungen auf der Canvas.
Nun steht das Bild zum Video, in dem statt Deichkind das Stück «Shadow» des niederländischen Cellisten Ernst Reijseger zu hören ist, per Crowdfunding zum Verkauf. Beim Betrachten des acht Minuten dauernden Videos hat man, klar, den Hit der Band «Denken Sie gross» im Kopf.
Weil sie halt nicht irgendein Gemälde nachmalen und auch nicht irgendeinen Pinsel verwenden, sondern Michelangelo mit dem blauen Eidinger am Bande – und dann natürlich auch nicht in beliebigem Blau, sondern: Ultramarinblau von Yves Klein.
Als er im vergangenen Jahr seine 600 Franken teure Ledertasche im Aldi-Look präsentierte, sagte Eidinger: «Es geht in meiner Kunst nicht um Moral.»
Der französische Maler, der sich selbst «Yves Le Monochrome» nannte, liebte grossflächige unifarbene Gemälde, vornehmlich in Blau. Für seine Anthropometrien liess er weibliche Modelle in diesem Blau ihre Körper auf senkrechte und waagrechte Leinwände pressen, vor Publikum. Währenddessen spielte ein Orchester, Klein dirigierte im Frack.

Als Reverenz an Klein und seine Kunst windet sich nun also Eidinger in Blau kunstvoll auf dem Boden. Und an manchen Stellen hat das wirklich was von einem Tanz. Mal spielt er Schubkarre, mal spuckt er Farbe, und die Fingerzeigstelle des Gemäldes zieht er mit seinem Zeigefinger exakt nach. Sieht anstrengend aus.
Aber «Denken Sie gross» passt nicht nur zu Deichkind, sondern auch zu Eidinger, der bereits in mehreren Musikvideos der Band zu sehen war: In «Keine Party» stampft er durch Berlin, und in «Richtig gutes Zeug» füttert er ein Schweinchen mit Sushi.
Überhaupt ist er dauerpräsent, als er im vergangenen Jahr seine 600 Franken teure Ledertasche im Aldi-Look präsentierte, sagte er dazu: «Es geht in meiner Kunst nicht um Moral.» Sonst hätte er sich ja vielleicht auch überlegen können, ob es nicht an Plagiat grenzt, was er da farbtechnisch veranstaltet.
Aktuell liegt der Wert bei 160'000 Franken. An Michelangelo erinnert es, nun ja, mit ganz viel Fantasie.
Auch bei Grösse und Titel des Gemäldes denken die Macher mindestens mal gross: «Die Erschaffung des Lars» misst 200 Quadratmeter. «Gemalt an vier Tagen mit einem menschlichen Pinsel», heisst es dazu. Es sei rückseitig «von Künstlern und Pinsel signiert». (Fürs Endresultat in der Instagram-Bildstrecke zu Bild drei durchswipen.)
Das Bild ist eines von vielen zum Verkauf stehenden Objekten und Aktionen, darunter auch Bass-Unterricht mit Bassist Porky – rund 300 Franken, ausverkauft – die der Deichkind-Crew in Corona-Zeiten ohne Auftritte helfen sollen.
Aktuell liegt der Wert bei 160'000 Franken. An Michelangelo erinnert es, nun ja, mit ganz viel Fantasie, das Kunstmagazin Monopol nennt das Werk «eine Anthropometrie für die Mehrzweckhalle». Es passt jedenfalls definitiv nicht in eine von Eidingers Aldi-Taschen.
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