Wenig Ernstkämpfe, viel Skurriles Das verrückte Jahr der Amateurfussballer
Die Amateurkicker erlebten ein spezielles Jahr mit dem Abbruch der Saison 2019/20 und einer verkürzten Vorrunde 20/21. Nie zuvor wurden in einem Jahr so wenige Meisterschaftsspiele bestritten.

Das Jahr 2020 ist anders. Auch Tausende Amateurkicker aus über 200 Clubs im Fussballverband Bern/Jura mussten sich den Gegebenheiten anpassen und teilweise auf ihr Hobby verzichten.
Während die Rückrunde 2019/20 gestrichen wurde, rollte der Ball ab August wieder für ein paar Wochen – ehe im Oktober der nächste Unterbruch folgte. Wir blicken auf ein verrücktes Fussballjahr zurück.
Trainingslager vor der Krise
Der Winter gehört nicht zur bevorzugten Jahreszeit der Kicker. Wenn bei eisigen Temperaturen Kondition gebolzt wird oder wenn sich nach Stabilisierungsübungen im Gym der Muskelkater meldet, sehnen sich viele Akteure nach dem Ball.
Längst gehört es aber auch bei vielen Amateurclubs zum Usus, einen Teil der Vorbereitung in warmen Gefilden zu verbringen. Trainingslager im Süden fördern den Kitt und bieten die Möglichkeit, an Technik und Taktik zu feilen. Speziell für die Fussballer von Münsingen (Promotion League) und Ostermundigen (2. Liga regio) dürfte das Trainingslager 2020 noch etwas in Erinnerung bleiben.
Die Münsinger weilten in Marbella, als sie eines Abends beim Nachtessen eine Überraschung erlebten. «Als ich die Plätze reservierte, hiess es, dass auch ein anderes Team in diesem Restaurant essen würde», erzählt Captain Patric Gasser. Dabei handelte es sich um den englischen Rekordmeister Manchester United. Und so kam es, dass einige eingefleischte United-Fans der Aaretaler die Chance nutzten und Erinnerungsfotos mit den Weltstars schossen.

Ebenfalls in Marbella residierte der FC Ostermundigen. Im gleichen Hotel wie die Profis des Wuhan FC, die im Januar vor dem Coronavirus aus China geflüchtet waren. Als der FCO anfangs März im Süden Spaniens trainierte, verschärfte sich die Situation mit dem Virus in Europa.
Deshalb suchten die Chinesen nach Wochen im europäischen Exil erneut das Weite und kehrten nach Wuhan zurück. Auch die Ostermundiger schafften noch knapp vor Beginn des Lockdowns die Rückkehr in die Schweiz.
Abbruch und Trainings per Video
Als die Lust wuchs, endlich wieder um Punkte zu kämpfen, folgte im März der nationale Lockdown. Hunderte von Spielen fielen aus, die Meisterschaften von der Promotion League bis zur 5. Liga wurden abgebrochen und kamen nicht in die Wertung. Manche Equipen, die im Abstiegssumpf steckten, profitierten vom Abbruch, derweil Teams wie Muri-Gümligen (2. Liga regio) ihre Aufstiegsträume trotz starker Vorrunde ad acta legen mussten.
Es folgten harte Wochen. Spiele und Trainings waren untersagt, persönliche Kontakte fehlten. Viele Clubs überbrückten die Zeit mit Hilfe von technischen Hilfsmitteln. Einige Coaches schrieben Trainingspläne und verteilten sie per WhatsApp, nicht selten filmten sich die Spieler während den Übungen in Livestreams selber und trainierten so halt dennoch irgendwie «zusammen».
Ganze Vorstände veranstalteten derweil Videokonferenzen und hielten das Vereinsleben hoch. Etliche Clubs boten zudem der älteren Bevölkerung ihre Hilfe zum Beispiel beim Einkaufen an.
Saisonstart und neue Probleme
Anfangs Juni erfreuten die Lockerungen auch die Hobbykicker. Die Junioren konnten wieder Turniere spielen, die Erwachsenen durften zusammen trainieren.
Die neue Saison startete Mitte August. Doch nun ergaben sich neue Probleme. Die Quarantäneregeln tangierten auch den Fussball. Hunderte von Kickern fanden sich in Isolation wieder.
Es gibt Berner Fussballer, die während des Sommers dreimal in Quarantäne mussten. Immer wieder fielen auch Spiele aus, weil halbe Mannschaft in Isolation mussten. Leider gibt es sogar Akteure, die ihr Hobby wegen den Quarantäneregeln im Verlauf des Sommers komplett an den Nagel hängten. Sie wollten oder konnten nach Absprache mit den Vorgesetzten das Risiko nicht eingehen, im Job ein weiteres Mal zu fehlen.
Mitte Oktober wurde die Vorrunde der Saison 2020/21 dann unterbrochen. Maximal 11 Meisterschaftsspiele bestritten die Berner Amateurteams in diesem Jahr, einige Clubs kamen sogar nur auf acht Partien. Immerhin konnte fast die gesamte Vorrunde unter Dach und Fach gebracht werden.
Nicht nur die Amateurfussballer hoffen, dass die Rückrunde 2021 reibungsloser über die Bühne gehen wird und die Normalität wieder halbwegs Einzug hält.

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