«Das Thema Altersliebe flog mir zu»
Die Berner Autorin Katharina Zimmermann beschreibt in ihrem neuen Buch «Nicht allein» die Schwierigkeiten einer späten Liebe. Die Erzählung beginnt ganz zart und harmlos, doch schon bald tun sich erste Abgründe auf.

Die ledige, pensionierte Lehrerin Linette und der verwitwete Bauer Ruedi lernen sich auf dem Friedhof kennen. Schon bald unternehmen sie gemeinsame Ausflüge, reisen bis nach Berlin und Paris.
Doch während Linette allen von «ihrem Ruedi» erzählt, bleibt dieser zurückhaltend. Er bezeichnet Linette nie als seine Freundin. Und wieso muss eigentlich immer sein Bruder, den alle den «Götti» nennen, dabei sein, wenn Linette Ruedi besucht?
Die 84-jährige Berner Autorin Katharina Zimmermann beschreibt in ihrem neuen Buch «Nicht allein», wie schwierig es ist, sich im Alter auf eine neue Liebe einzulassen. Der Titel «Nicht allein» steht einerseits dafür, dass Ruedis Bruder die Zweisamkeit stört, andererseits dafür, dass Linette hofft, in Ruedi endlich einen Partner gefunden zu haben, mit dem sie ihren Lebensabend verbringen kann.
Beruht nicht auf Erfahrungen
Katharina Zimmermann hat bisher vor allem historische Romane geschrieben. Am bekanntesten sind die Auswanderergeschichte «Kein Zurück für Sophie W.» und der Täuferroman «Die Furgge».
Auch Autobiografisches verarbeitete die Schriftstellerin literarisch. In ihrem letzten Buch «Umbrüche» aus dem Jahr 2015 erzählte sie von ihrer Kindheit in Bern, ihren fünfzehn Jahren als Entwicklungshelferin in Indonesien und ihrem Leben nach der Rückkehr in die Schweiz.
Wie viel eigene Erlebnisse stecken nun in «Nicht allein»? «Das fragen alle», sagt Katharina Zimmermann bei ihr daheim in der Berner Altstadt. Sie betont: «Die Geschichte beruht nicht auf persönlichen Erfahrungen.
Das Thema Liebe im Alter war einfach plötzlich da. Es flog mir zu auf einem Spaziergang im Spätherbst, als die goldenen Birkenblätter von den Bäumen segelten und es nach Moder roch. Da sah ich die beiden Hauptfiguren, Linette und Ruedi, wie sie sich zum ersten Mal begegnen.»
Kein leichtes Entkommen
Die Erzählung ist raffiniert aufgebaut. Aus den Perspektiven verschiedener Personen verfolgt der Leser die Liebesgeschichte. So wird deutlich, dass Linette und Ruedi eingebettet sind in ein Netz aus Beziehungen und Abhängigkeiten. Vor allem Ruedi hat Verpflichtungen, vielleicht auch nur gefühlte, die sich aus seiner Biografie ergeben. Sein schlechtes Gewissen bringt ihn in einen Loyalitätskonflikt zwischen Linette und seinem Bruder.
Man ahnt, dass es für das Paar schwierig wird, ein Happy End zu finden. «Gewisse Konstellationen kann man unmöglich aufbrechen», sagt Katharina Zimmermann. «Für Linette und Ruedi gibt es keine Möglichkeit, sich selber zu befreien.»
Überraschendes Ende
Mit viel Einfühlungsvermögen erzählt die Autorin von der langsamen Annäherung der beiden Liebenden, von den unausgesprochenen Hoffnungen Linettes, die mal erfüllt, mal enttäuscht werden, und vom stillen Glück der beiden über gemeinsame Erlebnisse.
Der «Götti» ist dabei wie ein dunkler Schatten, der über der Erzählung schwebt. Das zeigt sich unter anderem darin, dass alle anderen Figuren viel reden. Nur der «Götti» spricht niemals selber. Über ihn wird bloss geredet.
Die Erzählung endet unerwartet und rüttelt auf. Ohne zu viel zu verraten: Die Autorin erinnert uns daran, in jedem Alter die kleinen Freuden zu geniessen, die man geschenkt bekommt.
Katharina Zimmermann: «Nicht allein». Zytglogge-Verlag, 116 Seiten. Lesung: Mittwoch, 28. Februar, um 20 Uhr im Stauffacher, Bern.
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