Oberländer Innovationspreis So innovativ wird bewässert, gepflanzt, gebikt und unterhalten
Gleich vier Sieger durften den Innovationspreis der Volkswirtschaft Berner Oberland entgegennehmen. Die Verleihung erfolgte per Livestream.
Für einmal nicht am traditionellen Neujahrsapéro, sondern via Bildschirm zeichnete die Volkswirtschaft Berner Oberland am Donnerstagabend die Sieger der Innovationspreise Berner Oberland 2020 aus. Der mit je 3000 Franken dotierte Preis ging einmalig an vier Initianten, «um in dieser herausfordernden Zeit Innovation besonders zu würdigen», wie Susanne Huber erklärte. «Über 40 spannende Projekteingaben machten es der neunköpfigen Jury nicht leicht, die Sieger zu küren», sagte die Geschäftsführerin der Volkswirtschaft Berner Oberland.
Macht Not erfinderisch?
Dass mehr Bewerbungen denn je eingereicht wurden, kommt nicht ganz überraschend. Denn bislang zeichnete die Volkswirtschaft Berner Oberland nur Innovationen aus den Sparten Tourismus und Berglandwirtschaft aus. Neu steht die Teilnahme nun allen Branchen offen. «Zum anderen hat vielleicht auch die Pandemie einen Einfluss», vermutet Huber: «Gerade aus der Not heraus sind neue Ideen entstanden.»
«Die Siegerprojekte haben eines gemeinsam: Pioniergeist, Herzblut, einen Mehrwert für die Region und Ausstrahlung darüber hinaus.»
Normalerweise kann die Jury die Preise an ein bis drei Projekte vergeben. «In der schwierigen wirtschaftlichen Situation möchte die Volkswirtschaft Berner Oberland ein Zeichen setzen und vergab für 2020 als Ausnahme und zum Start mit dem neuen Konzept gleich deren vier Preise.» Biken, pflanzen, unterhalten und bewässern, in so unterschiedliche Richtungen gehen die vier Siegerprojekte. «Und trotzdem haben sie eines gemeinsam», meint Huber: «Pioniergeist, Herzblut, einen Mehrwert für die Region und Ausstrahlung darüber hinaus.»
Die vier Gewinner
Die vier ausgezeichneten Initianten sind der Bikepark Thunersee, die Firmen Contec und Espro aus Uetendorf sowie das Volkstheaterfestival Meiringen. Rund 80 Gäste schalteten sich zu, um die Preisübergaben im Kulturzentrum Topoff in Interlaken zu verfolgen. Den Livestream besorgte die Spiezer Firma Oculus Video GmbH. Diese hat auch Videos der einzelnen Preisträger gefilmt.
Bereits bekannt ist das Datum der Vergabe der Innovationspreise Berner Oberland 2021. «Im nächsten Jahr werden die Preise hoffentlich wieder anlässlich des Neujahrsapéros vergeben, am 6. Januar 2022», so Susanne Huber. Die Ausschreibung startet im Frühjahr 2021. Bewerben können sich alle, die ein innovatives Projekt im Berner Oberland umgesetzt haben, das nicht länger als drei Jahre realisiert ist. Getragen wird der Preis von den Tourismusdestinationen im Berner Oberland und der Volkswirtschaft Berner Oberland.
Bikepark: Vision Bike-Paradies Thunersee

Einheimische wie auch Touristen sind begeisterte Nutzer der bisher zwei fertiggestellten Bike-Trails des Vereins Bikepark Thunersee. Ein dritter Trail wird diesen Frühling fertiggestellt. Diese dienten auch der «gezielten Entflechtung von Bikern und Wanderern», hält der Verein fest. Profitieren sollen neben der Infrastruktur Hotels, Restaurants, Transportunternehmen, Guides, Tourenanbieter etc.
Als sehr wichtig erachtet es der Verein Bikepark Thunersee, «die Wertschöpfung in der Region rund um den Thunersee steigern zu können». Soweit möglich seien ausschliesslich regionale Zulieferer zu berücksichtigen. So hat der Verein etwa gemeinsam mit der Brauerei Thun AG das Bikerbier «Trail Ale» lanciert. Sofort war das Bier ausverkauft und wird auch von Restaurants und Läden der Region nachgefragt.
«Preiswürdig sind nicht nur die Trails, die von Alt und Jung gleichermassen genutzt werden, sondern auch die Vision für die Region und die Herangehensweise», so die Jurymitglieder. Jérôme Hunziker, der die Auszeichnung für den Verein in Empfang nehmen durfte, habe viele Ideen und umfangreiches Wissen, es sei ihm aber auch wichtig, alle involvierten Gruppen einzubeziehen, berichtete die Jury.
Espro: Ausgeklügelte Anlage für Sprossen

Vom winzigen Tannenbäumchen über Broccoli bis Himalaja-Pflanzen: In der hochmodernen Produktionsstätte von Espro in Uetendorf spriessen Sprossen, Keimlinge und Mikrokräuter aus der ganzen Welt. Innovation ist in jeder Ecke der Anlage zu finden: «Ebbe-Flut-System» für die Bewässerung, Simulation von Sonnenaufgang und -untergang, Wärmepumpenklimaanlage und vieles mehr. Die einzigartige Produktionsanlage ist nach neusten Standards ausgelegt, um sogenannte Microgreens in ökologischer und reichhaltiger Vielfalt herzustellen.
2014 zog Espro von Sigriswil-Endorf (Produktionsfläche 14 Quadratmeter) nach Uetendorf (Produktionsfläche 250 Quadratmeter) um. Auch da war die Kapazitätsgrenze bald erreicht. Nun war der Bau einer «neuen hochmodernen Anlage in Eigenplanung» angesagt, «eine technische Höchstleistung, die von allen einen unglaublichen Einsatz erforderte».
Frédéric Amstutz, der das Geschäft mit Tochter und Sohn betreibt, ist nicht nur der ökologische Aspekt wichtig; er möchte auch in sozialer Hinsicht offen sein und arbeitet daher eng mit Transfair zusammen. Der Preis kommt für ihn zum richtigen Zeitpunkt – sein Umsatz durch die Gastronomie ist derzeit auf einem Tiefpunkt.
Volkstheaterfestival: Bretter, die die Welt bedeuten

Für die beteiligten Laienschauspielgruppen bedeuten die Bühnenbretter die Welt, für die Region bedeutet das 2019 erstmals durchgeführte Volkstheaterfestival (VTF) Meiringen Ausstrahlung, Umsatz und Logiernächte in der Region, eine Plattform für Volkstheaterschaffende und -interessierte, viel positive Berichterstattung und ein Fest.
Die teilnehmenden Theatergruppen erhielten während ihres Aufenthalts ein interessantes Angebot mit verschiedenen Kursen (Schauspieler, Schriftsteller, Regie etc.) sowie Ausflüge in der Region als Rahmenprogramm angeboten. Kost und Logis übernahm der Verein VTF. Theatergruppen aus der ganzen Schweiz nahmen am ersten Volkstheaterfestival Meiringen teil und wurden von einer Jury mit namhaften Schweizer Persönlichkeiten bewertet.
«Dieses Festival macht Meiringen und somit auch das Berner Oberland während vier Tagen zum Theatermekka der Schweiz», meint der Verein VTF stolz. Thierry Ueltschi, Präsident des Vereins und Empfänger des Preises, hat die Jury mit seinen Schilderungen sofort begeistert. «Das Projekt deckt so viele Aspekte ab, neben dem Theaterspielen und Theaterschauen ist das Zusammensein, das Netzwerken ein zentrales Anliegen der Organisatoren», so die Jury.
Contec: Grüne Dächer mit Solaranlagen

Zur Verbesserung des Lokalklimas werden begrünte Dächer bei Neubauten mehr und mehr zur Regel. Doch wie das Grün auf dem Dach bewässern, damit es nicht bei Trockenheit verdorrt oder bei viel Regen «ertrinkt»? Hierzu hat die Firma Contec aus Uetendorf zwei Systeme der «Wasserretention», das heisst der Wasserrückhaltung, entwickelt. Einem mäandernden Bach nachempfunden, hat die Contec AG aus Uetendorf eine Platte entwickelt, die das Regenwasser länger speichert und gleichmässiger auf dem Dach verteilt.
Mit einem ebenfalls selbst entwickelten System kann das Wasser gedrosselt werden. Diese Idee der Wasserretention ermöglicht es, Häuser wie auch ganze Industriegebiete zu begrünen und sowohl die Biodiversität als auch Solarenergiegewinnung auf dem gleichen Dach zu fördern. Das Dachgrün mit Regenwasser bewässert, entlastet die Kanalisation und spart Wasserkosten.
«Absolut die beste Lösung, um auch Industriegebiete zu begrünen», hält Contec fest. Und natürlich lassen sich so Arbeitsplätze schaffen. Dominic Wölfli, Lernender im dritten Lehrjahr, der den Innovationspreis entgegennehmen durfte, freut sich, dass dank der Auszeichnung das Energie-Grün-Dach vermehrt bekannt wird.
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