Das Mauerblümchen gedeiht ganz munter
Im Schatten grosser Liga-Gewächse hat sich der FC Thun auf Rang 2 vorgearbeitet. Nach dem 4:1 gegen Sion steht den Oberländern nun möglicherweise ein echter Spitzenkampf gegen YB bevor.

Wie ein abenteuerliches Transfergerücht macht die Feststellung am Samstagabend die Runde in der Thuner Arena. Heute Nacht, so realisiert man nach dem am Ende fulminanten 4:1 über Sion, heute Nacht ist der Kleinclub aus dem Berner Oberland Zweiter in der Super League.
Am Sonntag trifft Alexander Gerndt – früher bei YB, heute bei Lugano – in letzter Minute zum 2:2 für die Tessiner bei St. Gallen, was die Erfolgsmeldung amtlich macht: Der FC Thun ist erstmals seit 2012 wieder Zweiter in der Liga.
Bereits vor dem Ende der Runde am Samstag wissen sie die Momentaufnahme bei den Thunern einzuordnen. «Solche Auftritte tun einfach gut, egal, auf welchen Platz uns das führt», sagt Sportchef Andres Gerber.
Eine gewachsene Stabilität
Das Ausrufezeichen verleitet im Zusammenhang mit dem FC Thun zu neuen Gedanken: Hinter dem übermächtigen, die Konkurrenz in Grund und Boden spielenden YB ist das Mauerblümchen aus dem Oberland das Team der Stunde.
Nicht das solide St. Gallen, nicht das zurückgebundene Luzern. Klar, die Tabellenlage ist wie immer eine Momentaufnahme und auch begünstigt durch die Schwankungen der Konkurrenz, für welche das mit sechs Punkten aus drei Spielen gestartete und jetzt völlig im Auseinanderfallen begriffene Sion ein Exempel ist.
Ungeachtet ihrer Einordnung in der Tabelle: Die Oberländer zeichnet in dieser Spielzeit bislang eine grundfeste Stabilität aus. Eine, die ihnen am Samstag trotz zu Beginn verhaltenem Offensivdrang wieder zu einem Sieg verhalf. Eine, die über Monate hinweg gewachsen ist – und vor allem aus der Zusammenarbeit von letzter Saison herrührt.
Mit Sandro Lauper mussten die Thuner in der Sommerpause nur einen Stammspieler abgeben, befürchtet worden waren weit mehr Abgänge – insbesondere jener des besten Torschützen Marvin Spielmann und der des besten Vorbereiters Matteo Tosetti. «Wir sind eingespielt», sagt Trainer Marc Schneider, «es macht sich bemerkbar, dass diese Gruppe sich schon ein Weilchen kennt.»
Am Samstag könnte es in einer lange sehr diszipliniert geführten und deshalb ungemein zähen Partie den Unterschied gemacht haben. Ein Corner von Tosetti erreichte eben jenen Spielmann – Nicola Sutter verwertete den Prellball zum 1:0. Und Dennis Hediger lancierte vor dem zweiten Tor wiederum Spielmann, einen Teamkollegen, mit dem er schon die dritte Saison spielt.
Wie so oft gab es auch in der Partie vom Samstag diesen Beinahe-Moment des Bruchs. Ein langer Ball, Thuner Unachtsamkeit, Sions Moussa Djitté stand plötzlich allein vor Faivre, ein Reflex, ein Pfostenklatscher – und der Thuner Konter führte zum erwähnten 2:0.
Es war eine Sache von Zentimetern und Sekunden. In diesen Wochen sind solche Details mitentscheidend für die Oberländer. Nun also Zweiter, der beste Rang seit Jahren.
«Das ist ein Schritt nach vorne, einer, der uns in letzter Zeit nie geglückt ist», sagt Sportchef Gerber. «Die Aussicht auf ein Derby als echten Spitzenkampf ist natürlich zusätzliche Motivation», sagt Trainer Schneider.
Yakin: Eifrig am Notizblock
Die Rechnung ist einfach: Thun holt am Dienstag bei GC nicht weniger Punkte als die dahinter liegende Konkurrenz in dieser Woche – und das Berner Derby vom nächsten Samstag gerät zum Duell Erster gegen Zweiter.
Es sind gute Zeiten für den Fussballkanton Bern. In dem war auch Murat Yakin einmal tätig, 2009 bis 2011 war er in Thun. Am Samstag sass er als neuer, aber wegen eines Vorfalls aus seiner GC-Zeit noch gesperrter Sion-Trainer auf der Tribüne.
Vor dem Spiel schüttelte er entspannt Hände und posierte für Bilder – später machte er sich nur noch eifrig Notizen. Auf ihn kommt eine Menge Arbeit zu.
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